Jan 12 2023
Jan 06 2023
Der Geschmackssinn / Schmecken
Geschmackssinn als sozialer Katalysator. Der Geschmackssinn spielt eine zentrale Rolle beim Aufbau und der Unterhaltung von sozialen Beziehungen. Dies ist besonders wahr, wenn es um die kulturelle Dimension des Essens geht. Nehmen Sie zum Beispiel das gemeinsame Mahl in vielen Kulturen – ein Ritual, das eine aktive Interaktion erfordert und direkten Kontakt zwischen Menschen schafft. Indem wir uns ernähren, stellen wir sicher, dass wir uns alle gesund und energisch fühlen und gleichzeitig gemeinsam Erfahrungen machen. Geschmackspräferenzen sind ein weiteres Beispiel für die Bedeutung des Geschmackssinns in sozialen Interaktionen. Wie jede andere kulturelle Praxis kann man den Geschmackssinn als eine Art „sozialen Katalysator“ betrachten, mit dem wir unsere Entscheidungen beeinflussen und damit unsere soziale Umgebung formen. Durch die Auswahl spezieller Nahrungsmittel, Zutaten und Zubereitungsmethoden können wir bestimmte gesellschaftliche Werte unterstreichen und zur Schaffung einer besseren Gemeinschaft beitragen. Ein weiteres Beispiel für die Wichtigkeit des Geschmackssinns in der Soziologie liegt im Konzept des Gastfreundschaftsstils. In vielen Kulturen ist es üblich, Gäste mit speziell zubereitetem Essen willkommen zu heißen. Die Art und Weise, wie dieser Satz serviert oder arrangiert ist, kann viel über die jeweilige Kultur aussagen – ob es sich um eine Form der Respektlosigkeit handelt oder um Ehrfurcht vor Tradition und Ritual. Es ist daher leicht zu erkennen, welche Rolle der Geschmackssinn in den sozialer Interaktion spielt.
Jan 06 2023
Museumsaufgabe
Blaue Impulsivität
Endlich. Euphorie. Euphorie rast durch meinen Körper. Alle Gänge durchgeschaut und da steht es. Die Energie zieht mich sofort in eine Richtung. Aus der Ferne erkenne ich die ausdrucksstarke Farbe. Blau. Tausend Bedeutungen. Beruhigung. Ruhe. Tiefe. Die Farbe vermittelt mir Sicherheit und wirkt harmonisch. Ich muss dahin. Meine Beine tragen mich wie von selbst in dieses kleine Abteil voller kleiner Glaskästchen. Mich überrumpelt die Vielfalt von Skulpturen, Formen und Farben. Das Blau beruhigt mich wieder. Da ist es. Mein Fokus liegt nun nur noch auf der kleinen Skulptur. Blau. Das Gesicht: wütend, angestrengt, fast schon aggressiv. Ich bin verwirrt. Der Gegensatz meiner ersten Wahrnehmung und dem detaillierten Gesicht überfordert mich. So viele Details. Ich muss erstmal um die ganze Skulptur gehen und versuche sie auf mich wirken zu lassen. Das Blau beruhigt mich. Es fängt an zu glänzen. Das Licht legt sich wie feiner Glitzer auf die blaue Skulptur. Mir fallen immer mehr die markanten Gesichtsstrukturen auf. Um so länger ich es mir anschaue, umso mehr Angst macht es mir. Ausdrucksstärke. Leid. Aggression. Enttäuschung. Die Skulptur, die die Gesellschaft als männlich betiteln würde sitzt angespannt und in sich selbst verknotet dort und starrt aufgebracht in eine Richtung. Die Augenbrauen sind angespannt, der Mund ist angespannt, die Mundwinkel gehen offensichtlich nach unten, die Wangenknochen sind so markant, dass ich mich schon fast bedroht fühle. Er ist gefangen. Gefangen in einem Glaskasten neben anderen Skulpturen, die sich genauso unwohl fühlen wie er. Kein Ausbruch möglich. Trotzdem trägt er diese beruhigende und ausdrucksstarke Farbe. Blau. Das Meer. Der Himmel. Freiheit. Genau das ist er nicht: Frei. Will er es sein? Oder ist er Froh dort eingesperrt zu sein, um andere nicht zu bedrohen oder noch mehr Angst zu verbreiten? Er ist auch nur einer von Vielen. Mindestens acht Glaskästen neben ihm, die dasselbe Schicksal haben, wie er. Gefangenschaft. Gefangen in seinem Kasten. In seiner eigenen Welt. Ruhe.
Die vollkommene Farbe. Dunklere und hellere Farben nur durch die Einwirkung des Lichts. Selbst besitzt er keine anderen Töne. Sein ganzer Kopf ist in eine Richtung gedreht. In die Richtung der anderen Skulpturen. Mit seiner Hand in seinen Haaren versucht er seinen Kopf in eine andere Richtung zu ziehen. Stark aggressiv. Er möchte nicht in diese Richtung schauen. Zwingt sich woanders seinen Blick hinzuwerfen. Keine andere Möglichkeit. Er muss. Verschränkungen in seinen Beinen. Schneidersitz. Eine meditative Haltung, jedoch wirkt er sonst so unruhig. Seine Zehen hat er auch angespannt und gekrümmt. Ihm gefällt es nicht. Bin ich selbst immer noch so euphorisch wie am Anfang?
Beobachtung. Wird er von den anderen Mitbewohnern beobachtet?
Sonder. Die Realisation, dass jeder ein genauso komplexes Leben, mit genauso vielen Gedanken, Gefühlen, Emotionen und Geschichten hat, wie du selbst. Bewusst wurde es mir auch, als ich den Raum mit den Glaskästen betreten habe. Alle auf ihrer eigenen Art besonders, aussagekräftig und bedeutend. Jeder hat seine eigene Geschichte. Wie auch Ich. Und Du. Und du dort drüben auch. Wir vergessen, dass jeder sein eigenes komplexes Leben hat, und fokussieren uns nur auf unsere Gedanken und Emotionen. Vergessen damit andere.
Ist das genau das, was er will? Andere Emotionen vergessen und ausblenden, um vielleicht auch niemanden zu verletzten. Verständlich. Eingekehrt in seine eigene Welt. Wo er niemanden angreifen kann. Aber auch keine Chance eine Bindung aufzubauen. Sympathisieren nur durch Beobachtung. Keine Stimme. Keine Worte. Keine Berührung.
Trist. Langweilig. Aber genau richtig. Ich kann mir gut vorstellen, was er fühlt.
Ich verlasse den Raum. Die Energie verlässt mich. Ich verabschiede mich. So viele Emotionen. Auf Wiedersehen, Blaue Impulsivität.
Dez 31 2022
Literaturverzeichnis, Melati Romeyke
Dez 18 2022
Der Tastsinn im digitalen Lernen
Im Seminar „Einführung in die Ethnologie“ habe ich in einer Gruppenarbeit mit Kommiliton*innen eine Posterpräsentation über den Tastsinn gehalten. Während der Recherche für diese, habe ich mich mit der Rolle des Tasten im digitalen Lehren und Lernen beschäftigt. Gerade durch die Coronapandemie wurde die Frage, welche Bedeutung Haptik und sinnliche Eindrücke für den Lernprozess haben, besonders wichtig. Hier möchte ich die Ergebnisse meiner Nachforschungen zu diesem Unterpunkt unseres Themas vertiefend zusammenfassen. Ich stütze mich in erster Linie auf den Artikel „Homo Hapticus ade?“, der von Elizabeth Feigl verfasst und im Jahr 2022 in der Fachzeitschrift „Magazin erwachsenenbildung.at“ veröffentlicht wurde.
Die Haut ist unser größtes sensorisches System, wodurch die haptische und die taktile Wahrnehmung zu unseren entscheidenden Informationsgebern wird, denn sie vermitteln zwischen Innen- und Außenwelt: Der Tastsinn ist ständig aktiv und überträgt durchgehend Reize an unser Gehirn, wir erhalten so Informationen über unsere Umwelt und über uns selbst. Unsere Körperlichkeit bildet also die Grundlage für viele mentale Vorgänge, da sie Wahrnehmung, Erfahrung und kognitive Verarbeitung verbindet.
Folglich ist der Tastsinn im Bezug auf Lernprozesse von essenzieller Bedeutung. Deutlich wird dies zum Beispiel an der Gedächtnisleistung, die eng verbunden mit der Haptik ist. Wir können uns besser an einen Text erinnern, wenn wir ihn auf einem anfassbaren Blatt Papier lesen, als in einer digitalen Variante. Der Tastsinn ist weiterführend auch eng verbunden mit unserer sozialen Beziehungsfähigkeit, welche ebenfalls als wichtiges Potential für das Lernen gilt, weil das Gehirn und dessen kognitiven Leistungen immer als Produkte der gemachten Beziehungserfahrungen und gebildeten Beziehungsfähigkeiten gesehen werden müssen.
Sowohl das Wegfallen haptischer Sinneseindrücke, als auch das Fehlen des direkten Kontakts zwischen Lehrenden und Lernenden, führten während des digitalen Lernens zur Zeit der Coronapandemie zu einigen Schwierigkeiten. Die Kombination aus körperlichen Aspekten, Sinneseindrücken und dem sozialen Miteinander war nicht mehr umsetzbar, was besonders beim spielerisch-handlungsorientierten Lernen jüngerer Kinder oder in praktischen Studiengängen und Ausbildungen negative Auswirkungen hatte. Das bloße Bereitstellen digitaler Inhalte und die theoretische Beschäftigung ist eben in keiner Weise vergleichbar mit erfahrungspraktischem Lernen. Aber auch in allen anderen Bereichen des Lernens bestand die Gefahr, dass der Kontakt im digitalen Raum nicht so gelingt, wie im realen Leben. Die soziale Interaktion ist im alltäglichen Lernalltag wichtig, da durch diese auch soziale und emotionale Komponente mit einbezogen werden.
Aus den aufgetretenen Problemen kann geschlussfolgert werden, dass für digitales Lernen ein differenzierter Ansatz nötig ist. Digitale Inhalte sollten immer integrativ in einem größeren Lernkonzept genutzt werden, was bedeutet das soziale und interaktive Aspekte und haptische Wahrnehmung und Erfahrung nicht außer acht gelassen werden. Eine Mischung aus analogen, haptischen Lehr-/Lernformen und digitalen sollte angestrebt werden. Die Wichtigkeit haptischer Elemente und sozialer Aspekte in Lernprozessen musss sich noch deutlich bewusster gemacht werden.
Dez 06 2022
Mensch
Durch die Linse
Wir nutzen sie um uns zu erinnern
Sie hält Dinge fest, die uns mit der Zeit entrissen werden
Die Erinnerung in schwarz/weiß oder Farbe
Alles nur, um nicht zu vergessen
Denn Menschen sind zwanghafte Wesen und loslassen, tut weh.
Denn nicht nur das,
was ist ein Mensch ohne seine Erinnerungen
Eine weiße Leinwand, ein leeres Papier
Doch wir brauchen die Farben, die Gefühle und Gedanken, die uns zu uns machen
Wir wären ohne sie nicht vollständig, sind wir nie
Doch wir brauchen das Gefühl
Wir haben unser Kiste, unterm Bett und holen sie mit Nostalgie hervor
Sehen uns an, was uns zu dem gemacht hat, was wir jeden Tag im Spiegel betrachten
Egal, wie schmerzhaft es auch sein mag
Es ist wunderschön.
Nov 20 2022
Wohin mit alter Kleidung?
Was mache ich mit alter, genutzter Kleidung? Das hat sich vermutlich jede*r schonmal gefragt. Wegschmeißen geht nicht, das ist klar, denn das wäre offensichtliche Ressourcenverschwendung und nicht gerade nachhaltig. Normalerweise ist der Weg, den ich wähle, gebrauchte Kleidungsstücke entweder weiterzuverkaufen (über entsprechende Apps oder auf einem Flohmarkt) oder sie zu spenden. Aber das letztere Option nicht nur Gutes mit sich bringt, hat mir die letzte Seminarsitzung vor Augen geführt.
In dieser haben wir nämlich über die Vor- und Nachteile des Secondhandkleidungshandel mit gespendeter Ware westlicher Industrieländer im globalen Süden gesprochen. Grundlage für die Diskussion war der Zeitungsartikel „Helping or hindering“, der von Karen Tranberg Hansen verfasst und im Jahr 2004 in der Fachzeitschrift „Anthroplogy Today“ veröffentlicht wurde. Die Autorin hat den Secondhandkleidungshandel in Sambia zwischen 1992 und 1998 beobachtet. Zusätzlich zu Tranberg Hansens Überlegungen haben wir weitere, eigene Argumente gesucht.
Auf der einen Seite gibt es einiges, was gegen eine Unterstützung des Secondhandhandels spricht: Der lokale Markt in wirtschaftlich schwächeren Ländern wird von einer regelrechten Masse von Secondhandkleidung überschwemmt, die häufig qualitativ minderwertig ist und keine hinzureichenden hygienischen Standards erfüllt. Der Handel mit dieser kann negative Auswirkungen auf die ohnehin schon schwache lokale Textil- und Kleidungsindustrie und in der Folge auch auf die nationale Wirtschaft haben, da secondhandkleidung meist deutlich günstiger weiterverkauft werden kann und lokale Unternehmen nicht mithalten können. Außerdem besteht die Möglichkeit des Schmuggels illegaler Ware im Zuge der Einfuhr von Secondhandkleidung. Zusätzlich kann die Spende „typisch westlicher“ Kleidung als ein weiteres Aufdrängen der westlichen Kultur gesehen werden, welche die lokale Kultur einschränkt. Auf der anderen Seite kann der Secondhandhandel auch als Chance gesehen werden. Er schafft einen neuen Platz für Händler*innen und Konsument*innen: Durch den Handel entstehen neue Arbeitsplätze und Verdienstmöglichkeiten, was gegen die großflächige Armut helfen und eine generelle Ankurblung der Wirtschaft bedeuten kann. Transberg Hansen berichtet in ihrem Artikel davon, dass Secondhandhandel gerade für Frauen eine neue Möglichkeit sein kann, selbstständig und finanziell unabhängig zu werden. Lokale Konsument*innen begrüßen die Möglichkeit preisgünstig individuelle Kleidungsstücke erwerben zu können.
Aber was bedeutet das nun für den Einzelnen? Spende ich meine Kleidung oder nicht? Vermutlich gibt es keinen ideale Lösungsweg. Die gesamte Situation ist zu komplex und nuancenreich um eine pauschale Antwort formulieren zu können. Dahinter stehen historisch bedingte Strukturen und die grundlegenden Probleme des Kapitalismus und der daraus resultierenden ungleichen Verteilung von wirtschaftlicher Macht und Konsumgütern. Eine differenziertere Betrachtung, die über ein bloßes schwarz-weiß Denken hinaus geht, ist zwingend notwendig.
Trotzdem habe ich die gesamte Diskussion und die Beschäftigung damit als bereichernd wahrgenommen. Es wurde auf ein Problem hingewiesen, das einem im Alltag nicht wirklich bewusst ist. Außerdem wurde man angeregt, grundsätzlich über unser Konsumverhalten nachzudenken. Wieso gibt es überhaupt so viel überflüssige Kleidung, die eigentlich noch tragbar ist? Warum kaufen wir so viel und wollen es dann wenig später nicht mehr haben? Wieso ist der Zugang zu Konsumgütern von Beginn an so ungleich? Das ganze kann als Anstoß genommen werden, den eigenen Konsum zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen. Auch interessant war die Beschäftigung mit der Perspektive lokaler Akteur*Innen. Diese speziell kulturwissenschaftliche Angehensweise macht das Fach relevant und interessant, da diese Betrachtung des „Kleinen“ im Kontext des „Großen“ einen neuen, weiteren Blickwinkel ermöglicht, der in der Presse oder anderen Disziplinen häufig vernachlässigt wird.
Nov 14 2022
Einem Gegenstand eine Geschichte geben – Plektrum of Love
Einen Text über einen Gegenstand zu schreiben klingt erstmal etwas seltsam, aber es fiel mir doch leichter als ich es sofort erwartet hätte. Ich hatte mich für meinen eigenen Gegenstand, eine Dose mit Plektren, entschieden, weil mir da sofort eine Assoziation in den Kopf kam. Hier also eine kleine Fan-Band-Liebesgeschichte rund um ein schwarzes Dunlop Plektrum.
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Ihr Blick lag auf dem Plektrum in ihrer Hand, mit dem Finger fuhr sie über die leichten Erhebungen am oberen Teil des Pleks. Irgendwie wirkte dieses schwarze Plektrum viel zu verloren in ihrer hellen Hand. Es war gewiss nicht das erste Mal, dass sie ein Plektrum bei einem der Konzerte bekommen hatte, es war nicht das erste Mal, dass sie ein Plektrum von ihm bekommen hatte, die immer gleichen Schwarzen, Dunlop Plektren. Doch irgendwas war diesmal anders, das Plektrum fühlt sich schwerer an, aber war es das auch wirklich? Oder war es nur bedeutsamer geworden, durch den Moment, in dem er ihr das Plektrum gegeben hatte?
Ihre Gedanken schwiffen zurück zu dem Moment vor einigen Minuten. Die Band hatte ihre letzten Töne gespielt, er war vorne an die Bühne heran getreten und ihre Blicke hatten sich getroffen, wie so oft an diesem Abend und an all den vielen Abenden davor. Er hatte sich runter gebäugt und die Setlist vom Boden geplückt, irgendwem in die Hand gedrückt, während sein Blick immer noch auf ihr lag. Sie sah ihn an, wusste nicht, was sie davon halten sollte, dass er sie so starr anblickte, hier wo jeder es beobachten konnte. ,,Hand auf.“, sagte er zu ihr und sie tat genau das. Kaum merkbar fiel das Plektrum in ihre Hand und er schloss sanft ihre Hand, damit das Plektrum nicht heraus fiel. ,,Ich freu mich wirklich immer dich zu sehen und ich hoffe das Plektrum erinnert dich, dass wir immer ein Zuhause für dich sind“, hatte er gesagt und ihre Hand zwischen seine Hände genommen. Sie sah ihn an und lächelte verlegen, war zu überfordert klare Worte heraus zu bringen, während ein wohliges Gefühl ihren Körper durchfloss. Ja, er war ihr Zuhause, seine Band ebenso und dieses Plektrum würde sie definitiv erinnern, erinnern an die Gefühle, die sie gerade verspürte. Erinnern für die Zeit, in der sie wieder in die Realität musste, nicht in diese Parallelwelt flüchten konnte.
Sie seufzte schwer. Die Realität war das Letzte, an das sie gerade denken wollte. Ihre Realität, die sie seit Jahren so unfassbar hasste und ändern wollte. Sie wollte, dass das hier ihre Realität war. Das sie mit dem Geld verdienen konnte, was sie liebte.
,,Du stehst ja immer noch hier.“ – Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. ,,Warst du wieder in deiner eigenen Welt unterwegs?“, fragte er und lächelte sie an. ,,Eher in der Welt, die ich gerne hätte.“, sagte sie unsicher und blickte auf das Plektrum in ihrer Hand. Sein Blick lag auf ihr, nachdenklich wie so oft. ,,Ich verstehe nicht, aber komm mal mit. Ich wollte sowieso noch mit dir reden.“, sagte er und nahm ihre Hand.
Überfordert folgte sie ihm, raus aus dem Club, eine Treppe hinauf und durch zwei Türen. ,,Das ist das zweite Mal, dass ich bei euch im Backstage bin.“, stellte sie grinsend fest. ,,Fühl dich wie zuhause.“, sagte er und deutete auf das Sofa. ,,Das tue ich schon seit ihr auf die Bühne gegangen seid. Das tue ich immer bei euch und ich glaube das weißt du.“, sagte sie lächelnd, setzte sich hin und nahm ihre Tasche ab. ,,Du bist aber auch ein wenig wie nach Hause kommen.“, gab er zu und stellte ihr eine Flasche Wasser hin. Ihre Wangen färbten sich leicht rot. Es überforderte sie, sowas von ihm zu hören. ,,Danke.“, sagte sie, wusste nicht, was sie sonst noch sagen sollte.
In einem Moment des Schweigens, wühlte sie durch ihre Tasche, suchte die wichtigste Sache, die Dose, die sie immer dabei hatte. ,,Was hast du da?“, fragte er, weil er das Klappern der Dose hörte. Sie lächelte leicht. ,,Ganz viele Erinnerungen an Zuhause.“, sagte sie, öffnete die Dose und legte das heutige Plektrum zu den anderen, bevor sie ihm die Dose reichte.
Lächelnd betrachtete er die Pleks in der Dose, die meisten waren entweder die Schwarzen Dunlop Plektren von ihm oder die Grünen Plektren von seinem Bandkollegen. Aber er fand auch ihm unbekannte Plektren darin wieder. ,,Das ist süß.“, sagte er leise und stellte die geschlossene Metaldose vor sich auf den Tisch. ,,Was war eigentlich vorher mal in der Dose?“, fragte er, als er sah, das oben ein Spruch drauf stand. Sie lachte etwas und erwiderte:,,Minzpastillen, aber meine Mutter meinte, so eine Dose muss man nicht wegschmeißen und hat dann die Plektren da rein getan.“ ,,Das ist sehr cool. Wie viele Jahre sammelst du die denn jetzt schon darin?“, fragte er neugierig. ,,Das sind jetzt fast genau zwei Jahre. Die von den Jahren davor liegen in meiner Wohnung.“, erwiderte sie.
,,Gibt es eins, was dir am meisten bedeutet?“, fragte er. Sie wurde leicht rot und antwortete:,,Das von vorhin.“ ,,Warum genau das?“, fragte er und lächelte sie an. ,,Wegen dem Gefühl in dem Moment, wo du es mir gegeben hast und wegen dem was du gesagt hast.“, gestand sie und lächelte leicht. ,,Ja, irgendwie…Es hat sich gut angefühlt. Auch vor 2 Wochen schon beim letzten Plektrum.“, stammelte er verlegen. Ihre Blicke trafen sich, sie war unsicher, weil sie nicht wusste, ob sie ihren Gedanken aussprechen sollte. ,,Es fühlt sich seit Monaten schon verdammt gut an.“, sagte sie leise. Auch wenn das nur ein Teil der Wahrheit war, es war ein Anfang. ,,Irgendwas ist intensiver an unserer Bindung geworden und vielleicht sollte das eigentlich nicht so sein, aber manchmal muss man auch gegen ungeschriebene Regeln arbeiten, vor allem bei Sachen, die man nicht beeinflussen kann.“, entgegnete er und musste lachen, als er ihre Verwirrung sah.
,,Reden wir Klartext?“, fragte sie nach einem Moment des Schweigens. Sie war sich sicher, es jetzt einfach zu sagen und wenn alles scheiße laufen sollte, müsste sie sich halt eine neue Band suchen. ,,Wer zuerst?“, fragte er lächelnd. ,,Ich habs vorgeschlagen, also fang ich an.“, sagte sie und atmete noch einmal tief durch. ,,Erstmal zu der Welt, die ich gerne hätte. Ich hasse meine Realität, ich hasse es, dass sich jedes Konzert wie eine scheiß Parallelwelt zu meiner öden und ereignislosen Realität anfühlt. Ich will meinen dummen Job nicht mehr, ich will das machen, was ich wirklich liebe. Auf Tour sein und vielleicht auch wieder Fotografie, aber das ist alles nicht so leicht. Und zweitens, es fühlt sich immer gut an bei euch zu sein, aber vor allem fühl ich mich in deiner Gegenwart sehr wohl; wohler als ich es vielleicht als Fan sollte.“, erzählte sie. Ihr fiel es schwer, ihre Gefühlswelt komplett offen zu legen, war es doch das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit, dass jemand seinen Weg in ihr Herz gefunden hatte. ,,Deswegen wollte ich mit dir reden, also wegen beidem.“, entgegnete er und lächelte verlegen.
Verwirrt sah sie ihn an, deutete ihm an weiter zu reden. „Unser Manager hört zum Ende des Monats auf und wir dachten, das man dich mal fragen könnte, ob du Lust hast. Du hast Ahnung von Management, kennst dich mit unseren Fans aus und bist seit Jahren schon dabei.“, erklärte er und lächelte sie an. Sie brauchte einen Moment um zu realisieren, was gerade passierte. ,,Das…das ist…ich weiß nicht, was ich sagen soll.“, stammelte sie und sah ihn immer noch sehr ungläubig an. ,,Du musst das nicht jetzt entscheiden.Vor allem nicht bevor ich dir eine andere Sache erzählt habe.“, erwiderte er und lächelte. ,,Ich entscheide aber jetzt, dass ich das Angebot annehme und dann kannst du weiter reden.“, sagte sie und grinste. Sie wäre schön blöd, wenn sie das Angebot nicht annehmen würde.
,,Also, da ist noch was.“, begann er zu erzählen. ,,Ja?“, fragte sie und sah ihn unsicher an. ,,Mir geht es genauso wie dir, ich fühle mich in deiner Gegenwart auch viel wohler als ich es vielleicht in Gegenwart eines Fans sollte. Eigentlich wollte ich dir das nie sagen, aber die anderen haben es auch mehr als gemerkt und mich bestärkt, dass ich es dir sage. Du bist ja ohnehin outstanding aus dem Rest. Also, ich fühle mich so wohl in deiner Gegenwart, weil ich mich in dich verliebt habe.“, erklärte er und sah sie erwartungsvoll an.
,,Ich mag dich auch sehr. Vielleicht sollte sowas eigentlich nicht passieren, aber wie du gesagt hast, bei Sachen, die man nicht beeinflussen kann, muss man manchmal auch die ungeschriebenen Gesetze brechen.“, erwiderte sie, lächelte verlegen und überbrückte etwas die Distanz zu ihm.
,,Ja, lass uns die ungeschriebenen Regeln brechen.“, sagte er lächelnd, überbrückte die restliche Distanz und verband ihre Lippen zu einem Kuss.
Zwischen zwei Küssen glitt ihr Blick zu ihrer Plektrum Dose. Ja, das heutige Plektrum hatte wirklich viel mehr Bedeutung, aber nicht wegen dem Moment kurz nach dem Konzert, sondern weil es den Tag markierte an dem aus ihnen beiden viel mehr wurde als Bandmitglied und Fan.
Okt 26 2022
Meine ersten Wochen im neuen Studium
Während der letzten Wochen ist mir aufgefallen wie oft ich das Jura Studium mit meinem neuem Studium vergleiche und wie ich vergleichsweise jetzt bereits mehr Freude daran habe. Es bestärkt mich darin, dass ich die richtige Entscheidung gemacht habe. Das heißt nicht das ich nicht nervös bin, aber durch das erste Studium, wenn es auch nur angefangen und bei weitem nicht abgeschlossen war, habe ich das Gefühl nicht ins kalte Wasser geworfen zu werden. Es gibt mir das Gefühl, dass ich das letzte Jahr nicht verschwendet habe..
Dieses Studium hat sehr viel entspannter angefangen als das alte. Die Leute sind anders, die Atmosphäre ist anders, meine Einstellung ist anders. Ich stresse mich nicht mit meiner Kleidung um auf jedem Fall reinzupassen, habe nicht Angst Leute anzusprechen, Freundschaften zu schließen..! Trotzdem ist mir sehr viel mehr unbekannt, als bekannt. Ein Beispiel sind die Räume. Im Jura Studium war ich sehr isoliert, da die Gebäude der Rechtswissenschaftler sehr weit ab vom Hauptcampus sind. Das heißt das SFG und der GW2, auch bekannt als komplettes Labyrinth und wo ich die meisten Kurse habe, sind immer noch ein großes Mysterium für mich. Aber ich freue mich darauf alles zu erkunden und neue Erfahrungen zu machen.
Ich freue mich aufs Studium.