In der letzten Vorlesung wurde das Thema soziokulturelle Heterogenität besonders im Bezug auf Migration behandelt. Denn Migration ist ein Teil von Deutschland. Geschichtlich gesehen, gab es immer wieder Zuwanderung und immer wieder kam die Angst nach Identitätsverlust und zu großer Belastung für Gesellschaft und Politik auf. In der jüngsten Vergangenheit haben sich diese Ängste nie bestätigt. Im Gegenteil gab es viele positive Auswirkungen. Auch die momentane Schullandschaft wäre eine ganz andere ohne Migration.
Doch damit alle von Migration profitieren, bedarf es einer guten Integration. Diese Herausforderung anzunehmen, ist eine zentrale Schlüsselqualifikation, denn Deutschland ist vielfältig und Vielfalt bedeutet nicht etwas negatives, sondern bietet mehr Möglichkeiten und Chancen für jeden von uns.
Auf meiner Schule waren kaum Mitschüler mit Migrationshintergrund und wenn, dann wurden sie schon in Deutschland geboren und Deutsch war von Anfang an ihre Muttersprache.
Ich habe nur einmal die Erfahrung gemacht, dass eine neue Mitschülerin in die Klasse kam, die kein Deutsch sprechen konnte. Nach dem Prinzip „swim or sink“ wurde sie ohne Vorkurs in unsere Regelklasse gesteckt.
Ich kann leider nicht sagen, in wie weit sie Unterstützung von Außen bekam oder ob sie privat in Sprachkurse ging. Aber nach meinen Beobachtungen hatte sie sehr große Schwierigkeiten, am Unterricht wirklich teilzunehmen. Lediglich in Unterrichtseinheiten, bei denen kaum komplexe Sachverhalte erarbeitet wurden, konnte sie aktiv teilnehmen. Die bestehende Sprachbarriere machte es kaum möglich, ein Gespräch mit ihr anzufangen. Zu dem merkte man ihr an, dass sie sehr unsicher war und Angst hatte etwas Falsches zu sagen, was dazu führte, dass sie gar nichts mehr sagte. Erschwerend kam noch hinzu, dass keiner meiner Mitschüler ihre Muttersprache sprechen konnte. Ich glaube, sie hat sich damals sehr alleine und unwohl gefühlt. Auch die Lehrer waren anscheinend mit der Situation sehr überfordert, da sie nicht so recht wussten, wie sie die Schülerin fördern können, wenn beide Seiten den anderen nur schwer verstanden. Zum Ende hin hat sie die Schule verlassen.
Wenn ich diesen Fall der Ausländer-, Interkulturellen oder Antirassistischen Pädagogik zuordnen müsste, würde ich sagen, dass das ein Beispiel für Ausländerpädagogik ist. Es wurde zwar nicht in Form von Sprachkursen oder einer speziellen Klasse auf pädagogischen Wege gearbeitet, aber das Ziel möglichst eine Homogenität herzustellen oder „wieder“ herzustellen, stand hierbei wohl im Vordergrund.
In diesem Fall wäre eine Vorklasse meines Erachtens das Beste gewesen. Zum einen, um mit gleichgesinnten die Sprache zu lernen und keine Angst haben zu müssen etwas falsch zu machen, zum anderen wäre es ihr bestimmt so auch leichter gefallen, erste Freundschaften zu knüpfen.
Ich glaube, eine Hybridversion von Vorklasse und Regelklasse ist ein guter Weg, um individuell zu fördern, aber auch mit Mitschülern in Kontakt zu treten, die schon länger im Land wohnen.
Ein weiteres sehr verbreitetes Problem sind Vorurteile gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund. Durch Projekte, Kommunikation und dem Auseinandersetzen mit interkultureller Heterogenität kann man diese Vorurteile effektiv abbauen.
Meine Schule hat in diesem Zusammenhang ein schönes Projekt ins Leben gerufen.
Aus über zehn Ländern kommen jedes Jahr Schüler und Schülerinnen, um bei Munol (Model United Nations of Lübeck) teilzunehmen. Aus der Türkei, Schweden, Taiwan, China und vielen anderen Ländern reisen die Schüler an und werden von Gastfamilien aufgenommen. Sehr oft nehmen die Kinder dieser Gastfamilie selbst an Munol teil.
Üblicherweise dauert Munol eine Woche. Das Ziel ist es die UN-Mitgliedsstaaten zu repräsentieren und politische Themen zu diskutieren. Nach jedem Tag gibt es weitere Veranstaltungen und Partys, bei denen die Teilnehmer aktiv auch über private und kulturelle Themen sprechen. Auch als nicht teilnehmende Person spürt man während dieser Tage, wie viel Spaß dieses Projekt den Schülern macht und das viele neue Freundschaften dadurch entstanden sind.
Jeder nimmt nur positive Erfahrungen bei dieser soziokulturellen bzw. interkulturellen Begegnung mit.
Dieses würde ich sagen, ist ein Beispiel für Interkultureller Pädagogik, denn es kommt hierbei zu interkulturellen Dialogen zwischen den Schülern und schafft das Bewusstsein von einer heterogenen Gesellschaft.
Dieses Beispiel zeigt, dass ständiger Austausch und Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern sehr wichtig ist, um mit interkultureller Heterogenität umzugehen und Vorurteile abzubauen.
Aus diesem Grund sollten Freiräume in der Schule geschaffen werden, um einen intensiven kulturellen Austausch zu ermöglichen. Mein Vorschlag wäre eine eigene „Klassenstunde“ einzuführen, die sich mit solchen Themen befasst und somit den Klassenzusammenhalt stärkt. Auch Projekttage wie z.B. Munol könnten vielleicht veranstaltet werden, um sich mit Migration und Heterogenität intensiv auseinander zu setzten.
Wir, als angehende Lehrer, haben die Möglichkeit solche Formen des Austausches in einem geschütztem Rahmen zu integrieren bzw. zu ermöglichen.
Aus diesem Grund möchte ich bei meinem nächsten Praktikum darauf achten, ob und wie Lehrer Rahmen des interkulturellen Austausches schaffen und in ihrem Unterricht miteinbeziehen. Außerdem möchte ich einen besonderen Augenmerk darauflegen, wie viel Rassismus oder Vorurteile in den Schulklassen vorherrschen und in wie weit Schüler mit Migrationshintergrund in den Schulklassen integriert sind.