Es ist windig und es ist bunt. Wie immer in dieser Stadt. Immer seit nun drei Wochen. Ich brettere auf meinem Rad den Wallanlagen entlang Richtung Westen und lasse sowohl die Gesichter der auf mich zukommenden Leute als auch den Vormittag an mir vorbeiziehen. Da waren neue Namen in vollen Räumen, Pläne, die bis ins nächste Jahr reichen, Fragen auf englisch oder auf deutsch. Und eben dieser Tisch. Zwanzig Euro, das kann doch nicht sein. Ebenso wenig kann es sein, dass ich schon während meines ersten Tutoriums parallel anderswo unterwegs bin, aber das Stöbern auf ebay Kleinanzeigen ist wohl der nötige Ausgleich zur Relevanz dieser letzten Stunden.
Über knackende Haselnussschalen und knisternde Blätter rolle ich also auf eine Kreuzung zu, komme zum Stehen und halte Ausschau nach Symbolen, die auf einen Fahrradweg hinweisen könnten. Etwa fünf Minuten dauert die Überquerung der zwei Strassen. Bestimmt ginge das schneller, aber ich bin noch neu unter den Bremer Radelnden und ausserdem tut das Anhalten in der herbstlichen Sonne gut. Und es gibt mir Zeit, mir die verbleibende Route mithilfe meines Handys einzuprägen. Geeren – was ein Strassenname.
Ausnahmsweise mal ohne mich zu verfahren komme ich hier auch wenig später an, schliesse mein Rad ab und klingle beim mir beschriebenen Namen. Dann geht für gute fünfzehn Minuten alles ziemlich schnell – ein junges Paar zeigt mir den besagten Tisch, ich stelle ein paar Fragen zu dem Möbelstück, wir quatschen, mir wird ein Kaffee angeboten und abwechselnd verweisen wir alle auf den Kater, der um uns herum huscht. Er ist grau und sein Fell ist weich und ich bin hin und weg. Dass ich den Tisch nehme, ist mir klar, ich ziehe bloss noch den Aufenthalt in Gesellschaft dieses süssen Kerls in die Länge, merke, wie sehr ich ein Haustier vermisse, besonders meinen Moses. Und wir warten sowieso auf Hannah, die mir mit ihrem Auto zur Hilfe kommt. Nun steht es 1:1 bei unseren gegenseitigen ebay-Begleitungen.
Für weitere fünfzehn Minuten bin ich also Gast in diesem völlig anderen Alltag, schnuppere Luft, die gefestigter, sicherer riecht, bekomme eine Idee, eine Ahnung, wie meine Lage in ein paar Jahren aussehen könnte. Irgendwann ist Hannah da und zu dritt legen wir die Stangen und Bretter auf die umgeklappten Sitze ihres Fiats. Mit einem Gefühl, als hätte ich gerade eine weitere Feder zwischen Trampolinnetz und -rahmen gespannt, steige ich ein und wir fahren los.
Diese Mischung aus Stolz und neuer Perspektive hält genau eine Abbiegung lang an; da fällt mir mein Fahrrad ein, das ich doch gerade noch an einen Zaun in einer Strasse namens Geeren angeschlossen habe. Ich springe also aus der Beifahrer*innentür und mache mich auf den Rückweg, finde mein Rad vor, wie ich es zurückgelassen habe, schwinge mich auf den Sattel und breche auf in Richtung Norden.
Tabea H.
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