2017

Manfred benennt das, was sich im Januar im Jahr 2017 geschah, als sein wichtigstes Ereignis. Er lernte jemanden kennen, der ihm zum Freund wurde, Christian. Manfred kauft jetzt manchmal für zwei ein, und  wenn sein Freund kommt ist Obst bereitgestellt. Er hatte es auch schon mal nicht  können, aber da konnte er nicht einkaufen, weil ihm die Myasthenia gravis die Kraft nahm. Egal wann, egal wo, ob im Alltag oder in besonderen Situationen, manchmal wirkt die Myasthenia gravis.

Die gefundene Beziehung nennt Manfred „Energie-Dauerenergielieferant“.

Wie ging es Ihnen Christian, als Freund von Manfred mit der „Diagnose-Mitteilung“? „Naja, er sagte sehr schnell, gleich am Anfang… ich war gerade am Weggehen, also in Hut und Mantel, und es war wirklich kalt an dem Tag, das er eine

Myasthenia gravis, Hashimoto Thyreoiditis, endokrine Orbitopathie

hat. Und ich sagte O.K., und wusste irgendwann später was das ist und O.K. Dann ist das so. Und klar gab es , gibt es immer wieder Probleme. Und die wurden im Laufe der Zeit mehr. Und dann ist das so.“

 

Und dann?

Zurechtkommen

Im Leben einrichten, und hoffen, alles bewältigen zu können, über viele Jahre

Und wenn man älter wird?

Hoffen, das der Besucher schläft

Und die Jahre vergehen, sagt Manfred

Die Myasthenia gravis, Lesezeit 17 min, medizinisch fachlich

Die Myasthenia gravis, Lesezeit: 17 min

 

Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung. Das Leitsymptom der Myasthenia gravis ist eine wechselnd ausgeprägte Schwächung der quergestreiften Muskulatur. Die quergestreifte Muskulatur ist für die Bewegung des Menschen notwendig. Der Herzmuskel ist davon nicht betroffen. Die Schwäche ist häufig asymmetrisch ausgeprägt, d.h. nicht in beiden Körperhälften gleich ausgeprägt und nimmt unter anhaltender Belastung der betroffenen Muskelgruppen zu. Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass die muskuläre Schwäche spontan und ohne ersichtlichen Grund auftritt, über kürzere oder längere Phasen anhält und dann wieder spontan remittiert, verschwindet. Es handelt sich bei der Myasthenia gravis um eine Autoimmunerkrankung, bei der es zu einer Störung der Signalübertragung vom Nerv zum Muskel kommt (vgl. Köhler 2012, S.24).

 

Pathogenese:

Die neuromuskuläre Signalübertragung erfolgt an der motorischen Endplatte der Muskelfaser, da wo der Nerv andockt, also die Verbindungsstelle von Nervenende und Muskelfaser.

Der vordersten Abschnitt des Axons, des Nervenendes, enthält zahlreiche mit Acetylcholin gefüllte Vesikel            sogenannte Kammern, ein Lagerraum. An der muskulären Endplatte befinden sich die dazugehörigen Acetylcholin-Rezeptoren die den Botenstoff Acetylcholin aufnehmen. Zwischen Nervenende und Endplatte befindet sich der synaptische Spalt, ein Zwischenraum. Bei einem Bewegungsimpuls öffnen sich die Vesikel (Kammern), der Botenstoff Acetylcholin wird ausgeschüttet, überwindet den synaptischen Spalt, verbindet sich mit dem Acetylcholinrezeptor und innerviert die Muskelfaser zur Kontraktion. Die Bewegung erfolgt.

Nach der Bewegung spaltet die im synaptischen Spalt vorhandene Acetylcholinesterase das Acetylcholin in Acetat und Cholin.  Das Cholin wird aktiv von den Nervenendigungen wieder aufgenommen, wo die Cholin-Acetyltransferase das Acetylcholin wieder zusammenbaut.

Der Funktionskreislauf ist geschlossen, und es kann zu einer erneuten Ausschüttung des Acetylcholins kommen.

Bei der Myasthenia gravis bildet der Körper autoimmune Antikörper. Diese Antikörper belegen die Acetylcholinrezeptoren. Dem ausgeschütteten Acetylcholin stellen sich weniger Rezeptoren zur Verfügung, der Muskel erfährt keine ausreichende Depolarisierung, die ein muskuläres Aktionspotenzial auslösen würde. Bei der Myasthenia gravis sind die sekundären synaptischen Spalten weniger tief, so dass quantitativ weniger Acetylcholinrezeptoren in den Tiefen der Einfuhrchungen zur Verfügung stehen.

Es kommt zur muskulären Schwäche (vgl.Köhler 2012, S.45-47).

 

Epidemiologie:

Die ersten Schilderungen dieser Erkrankungen gehen auf Thomas Willis (1621-1675), einen englischen Arzt zurück. Im Jahr 1672 beschrieb er Patienten mit klassischer myastener Symptomatik, unterschiedlichen Alters (vgl. Köhler 2012, S.18).

Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten. Die jährliche Inzidenz (Neuerkrankung) wird mit 3-5/Million und die Prävalenz (insgesamt Erkrankte) mit 60-15/Million angegeben. Frauen sind allgemein doppelt so oft betroffen wie Männer. Männer erkranken bevorzugt im höheren Lebensalter und weisen bevorzugt die okuläre Verlaufsform auf. Frauen erkranken am häufigsten im mittleren Lebensalter. Die Häufigkeit dieser Erkrankung nimmt international zu, durch ein vermehrtes Auftreten der Altersmyasthenie (vgl.Köhler 2012, S.43-44).

 

Symptome:

In der Regel hat die Erkrankung einen langsamen Verlauf. Doppelbilder gehören zu den häufigsten Symptomen, häufig kombiniert durch eine einseitige, asymetrisch ausgeprägte oder doppelseitige Ptose (Lidheberschwäche). Sprach- und Schluckstörungen können im frühen Stadium auftreten. Im späteren Stadium kann die körperliche Muskelschwäche auf Arme und Beine übergreifen. In nur etwa 15% der Fälle bleiben die Symptome auf die Augen beschränkt.

 

Verstärkt wird die Erkrankung Myasthenia gravis durch folgende Faktoren:

– Schilddrüsenerkrankungen, Elektrolytentgleisungen

– Fieber, Infektionserkrankungen

– Extreme körperliche oder seelische Belastungen

– Antibiotika und andere Medikamente

– Hormonelle Störungen

– Narkosen

– Therapiefehler, wie die Überdosierung von Acetylcholinesterase- Hemmstoffen

Die allgemeinen Symptome der Myasthenia gravis sind im Tagesverlauf in der Regel abends am häufigsten ausgeprägt und reduzieren sich wieder über die nächtliche Erholung (vgl. Köhler 2012, S.24-25).

 

Ursache:

Der Myasthenia gravis liegen Antikörper zugrunde. Die Ursache der Autoimmunerkrankung ist unbekannt. Des Weiteren gibt es einen klaren Zusammenhang mit einer tumorös vergrößerten Thymusdrüse, einem Organ des Immunsystems. Erbliche Faktoren und extreme seelische und körperliche Belastungen werden als Auslöser werden diskutiert (vgl. Köhler 2012, S.18-21).

 

Diagnose/ diagnostisches Vorgehen:

Anamneseerhebung: Doppelbilder, Kau- und Schluckbeschwerden, Schwäche der proximalen Muskelgruppen, Zunahme im Tagesverlauf

Körperliche Untersuchung: Typischerweise rein motorische Störungen, Ptose, Doppelbilder, reduzierte Vitalkapazität

Zusatzuntersuchungen: Thorax-CT oder MRT, Antikörperbestimmung, Elektrophysiologische Testung, Serienstimulation, Einzelfaser-EMG (vgl. Köhler 2014, S.53)

 

 

Therapie:

Bei der Behandlung der Myasthenia gibt es vier Therapieprinzipien.

  1. Die Verbesserung der neuromuskulären Übertragung durch Acetylcholinesterase-Inhibitoren. Die Wirkung des Medikamentenwirkstoffs Pyridostigminbromid ist so, dass die Spaltung des Botenstoffes Acetylcholin in Acetat und Cholin im synaptischen Spalt verhindert wird, und quantitativ mehr Acetylcholin zum Kontaktieren der Rezeptoren vorhanden ist.
  2. Immunsuppressive Therapie
  3. bei akuter Verschlechterung: Plasmabehandlung mit Plasmapherese, Immunadsorbtion
  4. Thymektomie (vgl. Köhler 2012, S.93)

 

Ziel der Therapie ist es, den Betroffenen ein möglichst normales Leben mit ihrer Erkrankung zu ermöglichen. Die Myasthenie-Sterblichkeit ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen, auch bedingt durch die Einführung der immunsuppressiver Therapie und die immer bessere intensivmedizinische Betreuung.

(vgl. Köhler 2012, S.113).

 

Literatur:

Köhler, Wolfgang (2012): Myasthenia gravis, 4. Auflage. International Medical Publishers London, Boston; Bremen: UNI-MED

Myasthenia gravis, an Hand von 2 Zeichnungen erklärt

Der Ort des Geschehens in der  Zeichnung oben,  ist der Übergang eines Nervs zum Muskel. Das ist etwas, was wir überall im Körper vorfinden, unser Bewegungsapparat.  Der Nerv schüttet aus kleinste Kammern bei körperlicher Bewegungsnotwendigkeit wie z. B. schreiben, tanzen, Regal einräumen, Klavier spielen usw. einen Botenstoff aus. Dieser Botenstoff dockt gegenüber am Muskel an sogenannten Rezeptoren an. Voila, Kontakt erstellt. Der Muskel bewegt sich, Licht an. Danach kehren die Botenstoffe zurück, die Andockstelle wird wieder frei für die nächste Bewegung.

Bei der Myasthenia gravis sind die Andockstellen belegt. Kein Kontakt, keine Bewegung, kein Licht. Zum Glück sind nicht alle Andockstellen durch diese Autoimmunantikörper belegt, so das Bewegung trotzdem ausgelöst werden kann. Allerdings können manchmal einfachste Dinge nicht ausgeführt werden.

Medikamente lassen jetzt mehr Botenstoffe im Spalt zwischen Muskel und Nerv verweilen. Und die sind dann schneller an den freiwerdenden Andockstellen. So funktioniert es.

Andere Betroffene, nach Diagnosestellung

Im Oktober 2021 verteilte die Gruppenleiterin der Ortsgruppe Oldenburg „Deutsche Myasthenie Gesellschaft“ Fragebögen an Menschen mit Myasthenia gravis und ihre Begleiter*innen und Angehörige. Ich interessierte mich dafür, wie andere Betroffene die Diagnosestellung aufnahmen. Persönlichen Gesprächskontakt konnte ich nicht aufnehmen. Die Personendaten werden nicht an Dritte weitergegeben. Im Laufe der folgenden Wochen kam es zu einem Rücklauf von 5 Fragebögen, ausgefüllt von Betroffenen und deren Begleiter*innen, Angehörigen.

 

Bei der Diagnosestellung:

Eine Betroffene, im Alter zwischen 30 und 40 Jahren

Konnten Sie im Arzt/Ärztin- Patient/Patientin-Gespräch verstehen, was Ihnen als Erkrankung mitgeteilt wurde?

„Nein, ich empfand es als schwierig, da ich vorher noch nie von dieser Erkrankung gehört habe. Erleichternd war erstmal, dass mir Medikamente verschrieben worden sind und ich dadurch mich mehr bewegen konnte und mein Augenlid wieder öffnen konnte. Ansonsten alles andere habe ich wohl erstmal verdrängt.“

 

Gab es die Möglichkeit, Fragen zu stellen?     Ja  (  x)   Nein  (  )

Wie haben Sie die Mitteilung der Diagnose Myasthenia gravis aufgenommen?

„…teils positiv und teils negativ, wichtig war das mir geholfen wird.“

Was empfanden Sie bei dem Gespräch?

„Angst, Hilflosigkeit, irgendwie komisch…“

Was empfanden und fühlten Sie nach dem Gespräch?

„Traurig, Angst vor der Zukunft“

Was hätten Sie sich gewünscht?

„Das Gespräch war super, toller Arzt und sehr einfühlsam… ich vermute es gab keine Wünsche“

 

Der Lebensgefährte

Wie haben Sie die Mitteilung der Diagnose Myasthenia gravis aufgenommen?

„Schöne Scheiße…..“

Was empfanden Sie bei dem Gespräch?

„Mitleid und Angst vor der Zukunft“

Was empfanden und fühlten Sie nach dem Gespräch?

„Hilflos gegenüber der Situation.“

Was hätten Sie sich gewünscht?

„Der Neurologe und Hausarzt bekommen 5 von 5 Sternen. Ich denke in jungen Jahren ist das

ein starker Einschnitt für meine Partnerin. Es hat etwas gedauert das alles zu verarbeiten

und zu akzeptieren. Etwas mehr Erklärung b.z.w. ein Leitfaden und etwas Information zum

Thema Krisenmanagement und Ersthilfe im Ernstfall wären auch heute nicht schlecht.“

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Ein betroffener Mann, im Alter zwischen 50 und 60 Jahren 

Wie haben Sie die Mitteilung der Diagnose Myasthenia gravis aufgenommen?

„Erleichtert, da ich nun endlich wußte, warum ich die Probleme mit der Atmung und der Schwäche hatte.“

Was empfanden Sie bei dem Gespräch?

„Erleichterung“

Was empfanden und fühlten Sie nach dem Gespräch?

„Ich hoffte, dass die versprochene Medikation anschlagen würde.“

Was hätten Sie sich gewünscht?

„Zu dem Zeitpunkt war ich einfach nur froh.“

 

Ein ausgefüllter Fragebogen der Ehefrau wurde nicht zurückgereicht.

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Eine Betroffene, im Alter zwischen 60 und 70 Jahren

Wie haben Sie die Mitteilung der Diagnose Myasthenia gravis aufgenommen?

„Ich war, erst mal froh überhaupt eien Diagnose zu haben, nach jahrelangem Suchen“

Was empfanden Sie bei dem Gespräch?

„Weiß ich nicht mehr. Ich bekomme Medikamente und dann ist alles gut.“

Was empfanden und fühlten Sie nach dem Gespräch?

„Leere. Große Fragezeichen. Und das wird ja nicht so schlimm sein.“

Was hätten Sie sich gewünscht?

„Mehr Ehrlichkeit, was auf mich zukommt. Der Satz: Was Sie haben, ist nicht mal eben einen Schnupfen. Hat mir nicht geholfen. Zu Wissen, es dauert Zeit bis, man eingestellt ist und man braucht Zeit um zu lernen damit zu leben.“

 

Ihr Ehemann

Wie haben Sie die Mitteilung der Diagnose Myasthenia gravis aufgenommen?

„Zu Anfang sehr gelassen, da uns die Tragweite der Erkrankung zu diesem Zeitpunkt unklar war und wir hörten, es sie eine Krankheit, die zwar nicht heilbar, aber auch nicht lebensverkürzend sei und medikamentös gut behandelt werden kann. Wir waren überrascht über die zurückhaltende, teilweise bemitleidende Mitteilung der Diagnose.“

Was empfanden Sie bei dem Gespräch?

„Erleichterung, dass nach vielen Jahren der erfolglosen Suche mit vielen Ärzten jetzt eine Diagnose gestellt werden konnte.“

Was empfanden und fühlten Sie nach dem Gespräch?

„Im Wesentlichen Erleichterung, da nun eine zielführende Behandlung möglich würde. Etwas Unsicherheit über die Möglichkeit der Myasthenen Krise und den damit u.U. verbundenen Aufenthalten in der Intensivmedizin bis hin zum Risiko der Erstickung.“

Was hätten Sie sich gewünscht?

„Die Ärztin hat die Kommunikation im Gespräch gut gemacht. Im Rückblick gesehen, sollte es auch anderen Betroffenen und Partnern so gehen.“

 

 

 

 

Nach der Diagnosestellung, im Jardin de Plantes in Paris

Paris ist wundervoll, gerade im Frühjahr, ach, egal zu welcher Zeit. Es ist die Stadt der Liebe sagt man. Ja, ich war da. Und es blüht in den Gärten der Stadt. Der Jardin de Plantes ist wunderschön. Im Frühjahr sind es die Tulpen, fast riecht man sie. Paris, die Stadt der Liebe und des Lebens, es ist  schön dort. Dort traf ich aber auch ihn, nach der Diagnosestellung, den Panther, im Jardin des Plantes.

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.

Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris

Literatur: Reiner Maria Rilke – Gedichte, Der Panther, S. 106,Verlag: Phillip Reclam jun., Stuttgart, 1997

 

Dieses Gedicht gefällt Manfred, wie er mir sagte. Irgendwie passt es, und irgendwie auch nicht. Vielleicht ist das so mit Gedichten und dem Leben. Eine lyrische Welt und eine Reale, zu bewältigende Welt. Das Leben gilt es neu zu ordnen, eine neue Wohnung, vielleicht Menschen, die bei einem bleiben möchten. Vielleicht auch nicht. Der Ort des Lebens ist klein geworden.

Würde, vor 14 Jahren, in Worten und einem Bild

„Ich war beim Arzt im Zimmer. Er sagte, dass ich eine Muskelerkrankung habe die nicht mehr weg geht. Es gibt Tabletten. Ich würde dann am Ende ersticken.“

 

 

Wie ist es, eine Diagnose zu erhalten, wie fühlt es sich an, zertrümmert werden, wie steht Mensch wieder auf, und dann, weiter?

Oder ist es erleichternd, eine Diagnose zu erhalten?

Wer steht dabei, wer schaut dabei an, wer greift zur Hand?

Bei ihm war niemand. Es gab zuvor nur Beziehungsauflösung. Und wurde dadurch die Myasthenia gravis manifest? Wäre es anders gekommen, wenn vorher anderes passiert wäre? Was ist anzunehmen, was zu beeinflussen?

Bei ihm war niemand, vor vielen Jahren.

Diagnosestellung, in Fotos

         

Letztes Jahr haben wir Fotos gemacht, im Herbst 2021. Wir waren hinter dem Bahnhof, da, wo die Künstler ihre Ateliers haben, hinter dem Cinemaxx. Man fährt da über die Gleise. Es ist die Strecke nach Oldenburg . Und es ging um Fragen. Fragen, die es Manfred ermöglichten, sich in eine Situation hineinzubegeben, wenn er wollte. Ich drückte oft auf den Auslöser. Die ersten 35 Bilder waren nur dahin geknipst. dann war ich nicht mehr so dominant und präsent, und das Auge der Kamera nicht mehr so sichtbar. Später suchte er diese beiden Bilder aus. Es war die Frage, wie er die Diagnosestellung aufgenommen hatte, vor vielen Jahren.

 

 

 

Gekommen um zu bleiben

Der Besucher kam vor ungefähr 14 Jahren zu Manfred. Das ist schon lange her. Und vielleicht wartete er schon vor der Tür, noch länger. Wer weiß das schon. Morgens, in dem Frühjahr, beim Erstickungsanfall unter der Dusche, kurz bevor die Gäste eintreffen, war er dann nicht mehr zu vertreiben. Jetzt hockt er da. Grinst, stinkt, nervt, beteiligt sich an nichts, äugt herum, lauert. Und manchmal döst er auch nur so rum, schläft. Aber geht nicht mehr. Manchmal sitzt er da im Stuhl und beobachtet, die Party, die Leute, das Getummel, das Lachen. Und manchmal ist er mies drauf und er klaut. Energie, Bewegung, Lachen, Licht, Stimmen, Dabeisein, schnell mal hin müssen, zum Herd, zur Tür, wenn es klingelt und andere Gäste rein wollen oder gehen müssen zum Beispiel. Und dann, wenn es richtig gut ist, die Party läuft, Tanzen geht gar nicht. Tags danach geht es wieder, aber dann sind alle weg. Bis auf ihn. Er nicht.

Was in ihm auch vorgeht, er ist schwer zu verstehen. Und man muss sich gut um ihn kümmern, leider. Er übernachtet sogar. Der Besucher, der keinen Bock hat sich zu verflüchtigen. Auf der eigenen Party.

Zeit-Planung der Blogerstellung, mit Inhaltsangaben

bis zum 31. Dezember

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  • Myasthenia gravis, Selbsthilfegruppe, Angehörigenunterstützung Kohärenzgefühl, Resilienz, MDK-Pflegegrad-Einstufung, verweisende Internetquellen, nachbarschaftsnahe Angebote

Bis 15. Januar 2022

  • 3 Gespräche führen, mit Manfred,  der von der Myasthenia gravis begleitet wird und seinem Freund Christian, beiden zusammen
  • ca. 5 gute Fotos machen
  • 1 kurzes Video drehen
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