In der Heutigen Sitzung von Prof. Dr. Lydia Murmann wurden die Heterogenitätsdimensionen im naturwissenschaftlichen und technischen Unterricht thematisiert. Im Folgenden werde ich die Aufgaben bearbeiten.
1. Im Rahmen eines Projekttages dürfen die Schüler*innen der 3b wählen, ob sie lieber Naturgegenstände sammeln und damit ein Wald-Mandala gestalten oder aber in Bäumen aufgehängte Nistkästen abhängen und reparieren möchten. Sandra interessiert sich mehr für die Nistkästenaufgabe, wählt aber wie die meisten anderen Mädchen der Klasse das Mandala-Vorhaben. Finden Sie mögliche Erklärungen für diese Entscheidung vor dem Hintergrund der „grundlegenden psychologischen Bedürfnisse“ nach Deci und Ryan (1993).
Deci und Ryan gehen davon aus, dass die Erfüllung der „grundlegenden Psychologischen Bedürfnisse“ der Selbstbestimmung entscheidend sind und sich auf das Verhalten der Kinder auswirken. Dazu gehören das Kompetenzerleben, die Selbstbestimmung/Autonomie sowie die soziale Eingebundenheit.
Wenn man das Verhalten von Sandra vor dem Hintergrund der „grundlegenden psychologischen Bedürfnisse“ nach Deci und Ryan (1993) beurteilt, könnte der Grund ihrer Handlung sein, dass sie sich noch nich als handlungsfähig erlebt und dadurch nicht glaubt, die Aufgabe aus eigener Kraft bewältigen zu können.
2. Welche didaktischen Entscheidungen konterkarieren in dieser Situation (paradoxer Weise?) für den Großteil der 3b die Förderung vielfältiger Interessen?
Die Lehrkraft hat den Schüler*innen zwei unterschiedliche Aufgaben, wahrscheinlich mit dem Hintergrund, dass diese sich für eine entscheiden können, welche ihnen besser liegt und Spaß bereitet, angeboten. Allerdings sind die Aufgaben offensichtlich Gender spezifisch gestellt. Das Gestalten eines Wald-Mandalas bewegt sich in der kreativen und künstlerischen Richtung und wird häufig den Mädchen zugesprochen. Die Nistkästenaufgabe hingegen bewegt sich in der handwerklichen und technischen Richtung und wird häufiger den Jungen zugesprochen. Selbst wenn eine Schülerin sich eher für die Aufgabe mit den Nistkästen interessiert, kann das Rollenbild, welches in der Gesellschaft vorgelebt wird, dazu führen, dass sich die Schülerin für die „Mädchen-Typische“ Aufgabe entscheidet. Dafür kann auch eine Gruppenabhängigkeit verantwortlich sein.
3. Eine Kollegin berichtet im Lehrer*innenzimmer, dass sie im Werkunterricht bei Partnerarbeiten meist Junge/Mädchen kombiniert, um Kompetenzunterschiede auszugleichen. Kommentieren Sie diesen Ansatz mit Blick auf verschiedene denkbare Ausprägungen technikbezogener Selbstkonzepte der Schülerinnen und Schüler.
Der Ansatz, Jungen und Mädchen in Partnerarbeit zusammen arbeiten zu lassen, ist an sich nicht verkehrt. Allerdings ist die Begründung, Kompetenzunterschiede auszugleichen, fragwürdig. Die Lehrerin geht davon aus, dass die Mädchen die Aufgaben im Werkunterricht nicht ausreichend bearbeiten können und Jungen die geeigneten Kompetenzen dafür besitzen. Mit diesem Ansatz wird das Rollenbild weiterhin verstärkt und könnte die Schüler*innen in ihren Stärken bremsen, wenn diese nicht dem Rollenbild entsprechen. Stattdessen sollten die Schüler*innen in ihren unterschiedlichen Stärken und Interessen, unabhängig von ihrem Geschlecht, unterstützt und gefördert werden.
4. Sie möchten eine Bachelorarbeit zu gendersensiblem Sachunterricht schreiben. Formulieren Sie eine mögliche Forschungsfrage hierzu und erläutern Sie, inwiefern Unterrichtsbeobachtungen oder Befragungen von Schüler*innen bzw. Lehrer*innen für Ihre Bearbeitung der Forschungsfrage hilfreich sein könnten.
Eine mögliche Forschungsfrage könnte lauten „Ist die Gestaltung des Unterrichts, insbesondere des Sachunterrichts, an Grundschule XY gendersensible?“. Dazu würde ich den Umgang mit den Schüler*innen im Unterricht beobachten. Insbesondere wäre interessant, welche Aufgabenstellungen gewählt werden und ob es beispielsweise unterschiedliche Varianten für Mädchen und Jungen gibt. Außerdem wäre interessant, den Vergleich von einer Lehrerin und einen Lehrer im Sachunterricht mit Technischen Themen zu beobachten. Übt das Geschlecht der Lehrkräfte einen Unterschied auf die Schüler*inne aus?