Also, welche Geschichten erlebt denn nun die Ringbahn?
Tja, das kann man wohl nie abschließend beantworten. Aber sie erlebt viele, mit den unterschiedlichsten Leuten. Für viele Berliner:innen gehört sie zum Alltag dazu, ist ein einfaches Verkehrsmittel, dass einen Morgens zur Arbeit bringt und Abends wieder zurück. Für andere ist sie eine Attraktion während des Berlintrips und für wieder andere ein zuverlässiger, warmer und trockener Schlafplatz. So kreuzt diese Linie unzählige Geschichten von Menschen in dieser Stadt und gehört einfach dazu.
Ich habe schon oft auf die Ringbahn gewartet, geflucht, weil sie zu voll war oder nicht kam. Aber selten habe ich mir so intensiv Gedanken über sie gemacht wie im Zuge dieses Projektes. Natürlich nicht, wer macht sich schon so viele Gedanken über eine ÖPNV-Linie. Für mich ist sie jetzt umso mehr, ein wertvoller Teil dieser Stadt, ein Stück Berlin und eine gute Möglichkeit die Vielfalt und Eigenheiten zu erleben. Seine Bubble zu verlassen. Sie bildet die Stadt besser ab, als alle Reiseführer oder Zeitschriften. Das Zeitgeschehen spiegelt sich in ihr wieder, Politik, Kultur, Gesellschaft – all das findet auch in der Ringbahn statt. Bei einem Fußballspiel treffen sich hier die Fangruppen, bei Konzerten wird schon auf der Hinreise fleißig gegrölt und bei Demos trifft man Gleichgesinnte mit denselben Parolen auf Plakaten. Manchmal ist sie ein Ort der Toleranz, an dem alle zusammenkommen und manchmal ein Ort für Hass, an dem Meinungen und Kulturen gegeneinander prallen. Je nach Tageszeit und Wochentag verändert sie sich, passt sich den Bedürfnissen an, ist laut oder leise, voll oder leer, sauber oder dreckig. Man könnte also so viel mehr Beobachten und die Forschung noch deutlich weiter ausbauen. Die Geschichten sind nie aus erzählt. Aber die Ringbahn bleibt und verbindet sie.
Möchte man also die Stadt kennenlernen, ist eine Reise mit der Ringbahn deutlich ehrlicher als ein Ausflug zum Brandenburger Tor. Vielleicht konnte ich Sie einladen, selber mal eine Runde zudrehen, sich umzuschauen und hinzuhören. Offen zu sein, was abseits der „Dit is Berlin“-Pfade geschieht und Teil ihrer Geschichte zu werden.