Inklusive Schulpraxis in Südtirol/ Italien – Hintergründe und Gestaltungsmöglichkeiten

  1. Diese Veranstaltung begann dem Dilemma, welches die Inklusion mit sich bringt. Dabei werden drei Positionen deutlich, die keine Vereinbarung möglich machen. Hierbei handelt es sich um Empowerment, Normalisierung und Dekategorisierung. Empowerment beschreibt dem Kampf um „Normalität“ und das Recht, daran eben teilhaben zu können oder nicht. Bei Normalisierung wird der kritische Standpunkt gegenüber den Merkmalen und Eckpunkten des Konstruktes von Normalität angesprochen. Mit Dekategorisierung wird der Prozess des Ausbauens von Kategorien und Stereotypen gemeint (vgl. Boger 2017). Diese drei Positionen finden sich ebenfalls in dem Text von Pineda (2013) wieder. Dabei spricht Pineda vor alle, die Auslegung des Lehrplans an. Unter dem Statement „Das Recht auf Teilhabe an der Normalität“, welches der Position der Normalisierung zugeordnet werden kann, fordert Pineda dazu auf, die diskriminierende Auslegung der Lehrpläne zu unterbinden und stattdessen ein Unterrichtskonzept zu verfolgen, welches eine Teilnahme alles Schüler*innen möglich macht. Die Anpassung der Lehrgegenstände an einzelne Kinder und das Austeilen zusätzlicher Übungsblätter würden nur zur Diskriminierung dieser Kinder beitragen, was der Aussage „Das Recht nicht zu einem ,Anderen‘ gemacht zu werden.“ zugeordnet werden könnte. Das letzte Statement „das Recht Normalisierung zu verweigern“ und der Punkt der Dekategorisierung werden nicht direkt in dem Text von Pineda angesprochen.

 

  1. Die beste Grundlage um herauszufinden, welche Erfahrungen, Erlebnisse, Interessen alle Schüler*innen Ihrer Gruppe/Klasse teilen, ist eine gute Kommunikation zwischen den Schüler*innen und dem/der Lehrer*in, aber auch untereinander (vgl. Seitz/Scheidt 2012). Hierbei kommt es auf ein vertrauens- und respektvolles miteinander an. Auf dieser Kommunikation aufbauend, könnten offene Arbeitsaufträge gestellt werden, zu denen jede*r Schüler*in einen eigenen Zugang findet.
    Die Offenheit oder Geschlossenheit einer Aufgabe erkenne ich bei der Beobachtung von Unterricht zum einen an der Formulierung der Aufgabenstellung, zum anderen auch an den Ergebnissen der Schüler*innen. Offene Aufgaben geben den Kindern deutlich mehr Spielraum in ihren Antwortmöglichkeiten. Hierbei kann es jedoch zu einer breiten Streuung von Ergebnissen kommen. Bei geschlossenen Aufgaben sind die Antwortmöglichkeiten eingeschränkter.

 

  1. Dass die Schüler*innen bei Gruppenarbeiten bestimmte Rollen einnehmen, kann zu Problemen führen, wenn sich für ein Kind eine Rolle mit niedrigem Status kristallisiert. Kristallisation meint in diesem Kontext eine immer wiederkehrende Einnahme derselben Rolle und der niedrige Status steht für eine Rolle, der wenig Wertschätzung und Macht zuteilwird (vgl. Seitz/Demo 2022). Um so ein Szenario zu umgehen, können die Rollen innerhalb einer Gruppe von dem/der Lehrer*in zugeteilt werden. Wichtig ist es hierbei, darauf zu achten, dass jede Rolle eine notwenige Funktion für die Gruppe hat und dass jede*r Schüler*in seine Stärken dabei individuell einsetzen kann (vgl. Seitz/Demo 2022).

 

Literaturverzeichnis:

 

Boger, Mai-Ahn (2017):Theorie der Inklusion. Eine Übersicht. In: Zeitschrift für Inklusion, H. 1. Online im Internet unter: https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/413/317 (17.06.2022)

Seitz, Simone; Demo, Heidrun (2022): Inklusion in der Grundschule in Südtirol/ Italien – Zusammenhänge und Gestaltungsmöglichkeiten. Vorlesungsfolien. Universität Bremen. 17.06.2022

Seitz, Simone; Scheidt, Katja (2012): Die Gruppe ist der größte Schatz. In: Grundschule 44 Jg. H. 3, S. 14-15.

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