Sehr geehrte Leserinnen und Leser, im heutigen Blogbeitrag soll es um die Frage gehen, ob und wie sich Heterogenität im Schulunterricht beobachten lassen kann. Dabei werde ich auf drei zentrale Fragestellungen eingehen.
Aufgabe 1) Welche theoretischen Schwierigkeiten ergeben sich bei dem Versuch, „Differenz“ oder „Heterogenität“ im Schulkontext identifizieren und beobachten zu wollen? Und was hat dies mit „Differenz“ oder „Heterogenität“ als Gegenstand selbst zu tun?
Als Differenz wird eine sogenannte ‚Codierung‘ betitelt, die im Grunde für die Aufteilung von etwas steht. Beispielsweise wird eine Gruppe von Menschen in zwei Teilgruppen geteilt, wobei meist klar zwischen diesen differenziert wird. Ein weiteres interessantes Beispiel hierfür, ist die Unterteilung der Geschlechter in weiblich und männlich. Diese Codierung ist in vielen Gesellschaften historisch stark verwurzelt und lässt sich durch die unterschwellige Verwendung nur schwer identifizieren.
Auch im Schulalltag sind bestimmte Codierungen zu erkennen sein. Beispielsweise kann im Sportunterricht zwischen Schüler|innen mit ’sportlichem‘ und ‚unsportlichem‘ Erscheinungsbild unterschieden werden, ohne überhaupt einen Leistungsnachweis vorgelegt bekommen zu haben. Dies kann rückwirkend negative folgen auf die Bewertung und die Motivation des Lernenden Einfluss haben und führt somit zur Differenzenbildung innerhalb der Klasse. Es ist die Aufgabe des Lehrenden, jeden Schüler ausschließlich aufgrund seiner Leistung zu bewerten.
Aufgabe 2) Welche Differenz-Kategorien legen Sie vermutlich – eher unbewusst – im Blick auf Ihre zukünftigen Schüler*innen an und welche erweisen sich – nach Ihrem bisherigen Kenntnisstand – warum als eher problematisch als andere?
Wie bereits in Aufgabenteil 1) angesprochen, kann das äußerliche Auftreten des Lernenden zu Vorurteilen führen. Jedoch lassen sich die Differenzen auch in den Einflussgrad unterteilen, in dem sie wirken. So kann man sagen, dass die Vorlieben in Sachen Fußball einen geringeren Einfluss auf die Differenzenbildung hat, als Beispielsweise das Vorurteil gegenüber sitzengebliebenen Schüler|innen und das diese oft als unmotiviert abgestempelt werden.
Aufgabe 3) Würde(n) sich die Interpretation(en) der im Vortrag zugrunde gelegten Szene der „Gruppenarbeit in Klasse P“ aus Ihrer Sicht verändern (und wenn ja, wie), wenn Sie sie explizit unter der Aufmerksamkeitsrichtung der Bedeutung von „Migrationshintergrund“ oder „Gender“ in Unterricht zu lesen versuchten?
Wenn man bei der Szene (vgl. Prof.in Dr. Nadine Rose Vorlesungsfolien 15, 17) die Aufmerksamkeit auf das Geschlecht lenkt, dann fällt auf, dass Mai und Alina die Dominanten Personen der Szene sind. Wichtig dabei ist, dass beide Schülerinnen weiblich sind und ihren männlichen Mitschülern erklären, was sie zu erledigen haben. Mai und Alina geben die Struktur vor und stehen, für den Moment, über den beiden Jungs. Man könnte hier von der Vermutung ausgehen, Hatif sei, aufgrund seines Migrationshintergrunds, weniger intelligent, als der Rest. Da es sich jedoch nur um eine Vermutung, also ein Vorurteil, handelt, ist davon nicht unbedingt auf die spezielle Situation zu schließen.
Ich bedanke mich sehr für das Durchlesen meines Blogbeitrags!
Beste Grüße, Alexander
Zu deinem ersten Punkt stimme ich dir voll und ganz zu, jedoch ist es wohl auch wichtig für den Lehrenden auf gewisse Punkte einzugehen. Da empfinde ich das Beispiel des Sportunterrichts ein wenig problematisch, da ein Übergewicht bei Schüler*innen tatsächlich eine andere Behandlung erfordert als ein durchschnittlicher Körperbau aufgrund der Belastung der Gelenke. Eine Differenzierung kann, egal wie stark diese verankert ist, durch eine Bearbeitung erkannt werden. Durch die aktuelle gesellschaftliche Bearbeitung der Geschlechterrollenbilder ist das Gendern und ein genaues Betrachten der Nutzung der Sprache aufgetreten.
Zu dem weiten Punkt habe ich die Nachfrage an dich, ob du persönliche Aspekte hast, in denen du unter den Schüler*innen differenzieren würdest? Ich vermute, dass der Grad der Differenzbildung vom Charakter des Lehrkörpers abhängt, da auch hinter einem Lehrkörper ein Charakter mit mehr oder weniger starken Vorlieben steckt. Da kann ich mir vorstellen, dass es tatsächlich einige Lehrkörper gibt, die einer Fußballpräferenz eher nachgeben als andere und diese häufiger kommentieren.
Mir fällt auf in deinem dritten Abschnitt, dass Leon nicht benannt wird. Nur unter dem Aspekt der „beiden Jungs“. Da er sich nicht von selbst an einem Gespräch beteiligt hat und auch nicht angesprochen wird, finde ich es schwieriger bei Hatif einen Migrationshintergrund als Lesart zu versuchen, da es, wie schon benannt, zwei stärkere Charaktere gibt und einen angesprochenen passiven Charakter. Zudem ist es meines Erachtens wichtig die Klassendynamik zu beachten. In dieser kann es sein, dass Hatif aufgrund seines passiven Charakters generell keine Lust hat sich zu beteiligen, dies jedoch im Gegensatz zu Leon stark mitteilt, weshalb er (Hatif) direkt angesprochen wird von Alina.
Hallo Alexander,
ich freue mich sehr, deinen Beitrag kommentieren zu dürfen. Deinen genannten Antworten stimme ich allgemein betrachtet zu, würde aber stellenweise Kleinigkeiten hinzufügen oder Aussagen betonen.
Die Aussagen die du in der ersten Aufgabe getroffen hast, empfinde ich als nachvollziehbar. Wie du bereits erwähnt hast, lassen sich auch im Schulalltag bestimmte Codierungen erkennen. Frau Prof. In Dr. Nadine Rose zeigt in ihrer PowerPoint auf, dass eine Differenzierung das „Ergebnis eines Vorgangs des Unterscheidens“ ist (Kluge 1999: 180, Hervorh. i. O.). Demzufolge können Lehrkräfte ein gewisses Schubladendenken entwickeln, dass zur Folge hat, dass ihre Schüler*innen aufgrund ihrer Differenzen in verschiedene Kategorien eingeordnet werden. Die Konsequenz der Stereotypisierung ist, dass die Leistung des Individuums nicht mehr im Vordergrund steht, sondern beispielsweise der soziale Hintergrund, der sich positiv oder negativ auf die Bewertung auswirken kann. Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass Lehrer*innen eine Heterogenität im Klassenzimmer wahrnehmen und bedacht mit dieser umgehen, dabei darf und sollte es aber niemals zu einem Schubladendenken kommen dürfen. Wie auch du in deinem Beitrag erwähnst, sollten Schüler*innen nur nach ihren Leistungen bewertet werden.
Die Beispiele die in Aufgabe 2 erwähnt werden, stimme ich ebenfalls zu. Es kann Lehrkräften ab und zu unbewusst passieren, Schüler*innen in Differenz-Kategorien zu unterteilen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist, Schüler*innen ihren Geschlechtern nach im Unterricht zu stereotypisieren. Demnach könnte es beispielsweise dazu kommen, dass männliche Schüler im Sport Unterricht oder in naturwissenschaftlichen Fächern besser bewertet werden, als ihre weiblichen Mitschüler. Im Gegensatz dazu, können Schülerinnen im Kunstunterricht aufgrund ihres Geschlechts mehr Vorteile erfahren. Wie zuvor erwähnt sollten zukünftige Lehrkräfte versuchen dieses stereotypisierte Denken zu unterlassen und Schüler*innen als Individuen zu betrachten, die ausschließlich ihren Leistungen nach bewertet werden sollen.
Auch du erwähnst in deinem Beitrag zum Fallbeispiel “Gruppenarbeit in der Klasse P” (Folie 15 & 17), dass die weiblichen Schüler*innen Alina und Mia, im Gegensatz zu Hatif und Leon, als die dominanten Personen anzuerkennen sind. Eine Aussage zum Migrationshintergrund zu treffen, empfinde ich allerdings als schwierig, da keine Informationen zu einem vermeintlichen Migrationshintergrund genannt werden.