Genderkompetenzen im Literaturunterricht
- Erörtern Sie die zentrale Bedeutung der Lektüreauswahl im Kontext der Ansatzpunkte (Vermittler*innen, Rezipient*innen, Kompetenzziele, Lerngegenstände) eines gendersensiblen Literaturunterrichts!
- Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit den einzelnen Ansatzpunkten gendersensiblen Literaturunterrichts gemacht?
- Welches Potential bieten implizite vs. explizite Genderkonstruktionen für die Auseinandersetzung mit Genderdimensionen? Entwickeln Sie je 1-2 Forschungsfragen, die Sie beim Einsatz der vorgestellten Beispiele im Unterricht besonders interessieren würden!
- Wie ließe sich den verbreiteten Annahmen, Jungen seien Lesemuffel und Mädchen seien Leseratten in der Praxis entgegenwirken (optional)?
1.
Ein Gender-sensibler Unterricht ist heutzutage relevanter denn je. Unsere Gesellschaft öffnet sich immer mehr und bricht viel häufiger mit den bestehenden Normen. Der Literaturunterricht nimmt dabei eine sehr wichtige Rolle ein in der Prägung dieser Normen ein. Dadurch wird auch besonders die Lektüren Auswahl relevant.
Die thematischen Präferenzen gehen auch heute noch oft in den „Klischees“ auseinander – Mädchen mögen andere Bücher als Jungs.
Daher ist es wichtig auf beide Geschmäcker einzugehen und vielleicht sogar durch Eigenbeteiligung der SuS eine geeignete Lektüre zu finden. Die SuS brauchen Bücher, welche sie vor allem auch intrinsisch motivieren mit Literatur zu arbeiten.
Dies ist besonders für die Jungs ein schwieriger Bereich, da diese häufig durch den primär weiblich geprägten Literaturbegriff abgeschreckt werden. Unterbewusst werden sie durch die vorhandenen Vorurteile so beeinflusst, dass sie dann auch tatsächlich meist weniger gerne und qualitativ schlechter Lesen.
Es ist daher unsere Aufgabe als Lehrkraft genau solche Barrieren aufzuheben und alle SuS in den Unterricht mit einzubinden, sodass jedes Kind seinen Interessen Folgen kann.
Eine gute Umsetzung hierfür wäre bspw., dass sich die SuS eigene Schwerpunkte setzen können, also eine gewisse Freiheit in ihren Aufgaben bekommen.
Es kann auch sinnvoll sein, andere Medien wie bspw. Hörbücher in den Unterricht mit einzubinden.
Generell sollte von der Lehrkraft ein breites Spektrum an Zugangswegen angeboten werden, da jeder Zugangsweg immer auch zur Reflektion und qualitativen Arbeit mit Literatur führen kann.
Der Literaturunterricht ist ein wichtiges Element in der Bildung der Persönlichkeiten der SuS. Dadurch lastet hier eine große Verantwortung auf den Lehrkräften als Vermittler. Sie sollten dadurch möglichst viel mit den Rezipienten gemeinsam Arbeiten, um ein Ideales Lernerlebnis zu erzielen.
2.
Ich habe in meinem Orientierungspraktikum dadurch, dass ich nur in einer ersten Klasse hospitiert habe die gerade frisch Schule kam, nur wenig Erfahrungen mit einem gendersensiblen Literaturunterricht gemacht. Wir haben bei uns begonnen mit dem Buch „Elmar“, welches durch die Personifizierung eines bunten Elefanten sehr Gender neutral bleibt.
Einige Botschaften die in dem Buch vorkommen, lassen sich jedoch durchaus auch auf ein Gender-Thema übertragen, da Elmar als bunt karierter Elefant nicht zu den anderen passt und eine Lösung sucht sich wie ein „normaler“ Elefant zu verstecken. (Er malt sich mit grauer Farbe an)
Dies führt allerdings im Buch nur dazu, dass alle den bunten Elmar vermissen, welcher dann durch einen Regenschauer, der seine Verkleidung wegwäscht, enttarnt wird. Erfreut über die Rückkehr Elmars, beschließen die Elefanten in der Zukunft einen Elmar-Tag zu feiern, an dem sie sich alle bunt anmalen.
Diese Geschichte bietet einen guten Identifikationsgrund im Sinne des „nicht-dazu-passen“, hierauf wird aber nicht viel näher im Unterricht eingegangen bis auf einige Fragen, wie sich Elmar fühlt bzw. warum er sich verstecken möchte.
Ansonsten ist mir nur aufgefallen, dass es bei den Schulanfängen sehr gemischte Meinungen der Jungs über Mädchen gab. Einige waren gut mit Mädchen befreundet, andere hatten das klare Bild „Mädchen sind doof“ und „Ich will auf keinen Fall neben einem Mädchen sitzen“.
Interessant wäre es wohl herauszufinden, wie diese Vorurteile bereits im Kleinkindalter geprägt wurden.
3.
Explizite Genderkonstruktionen sind meist etwas offensiver in ihrer Art und Weise. Sie fordern oft die Rezipienten heraus umzudenken, sich in eine neue Genderordnung einzufinden und zu verstehen wie diese im Kontrast zu unserer steht. In gewisser weise ist dadurch die explizite Behandlung oft schwieriger zu reflektieren auf die reale Welt, da sie oft auch als absurd abgestempelt werden kann.
Dahingegen ist die implizite Genderkonstruktion wesentlich feinfühliger. Sie sensibilisiert dafür, den Blick im Alltag, im allgegenwärtigen, zu schärfen und im „normalen“ die Konstruktionen zu erkennen.
Beide Bereiche sind definitiv wichtig und Zielen auf unterschiedliche Ergebnisse ab. Es sollte daher weniger ein vs., sondern viel mehr ein & sein.
Forschungsfragen Implizit:
Wie viel Alltagsbezug finden die SuS in der Bearbeitung zu dem Thema? Sind sie offen für eine solche Diskussion? Ab welchem Alter ist so etwas angemessen?
Welche Impliziten Genderkonstruktionen finden die SuS in ihrem Schulleben?
Wie unterschiedlich reagieren Jungs und Mädchen auf eine solche Sensibilisierung für diese Themen? Gibt es hier klare Tendenzen oder ist es sehr gemischt?
Forschungsfragen Explizit:
Ab welchem Alter können sich SuS gut in eine solch andere Gender-Ordnung hineindenken und darüber reflektieren?
Wie empfinden SuS eine solche Lektüre, die sie sehr konkret konfrontiert mit den vorherrschenden Normen? Wie gehen Sie damit um? (Meine Vermutung wäre, dass ein Großteil der SuS lange braucht bis sie sich komplett auf so ein Buch einlassen können, wenn überhaupt)
dies ist nicht nur ästhetisch, sondern auch inhaltlich ein sehr gelungener, differenzierter Beitrag. so kann das gerne weitergehen.
in der übernächsten Woche werde ich das Genderthema noch mal aus erziehungswissenschaftlicher Pespektive vertiefen. Da gibt es sicher noch mal eine Berührungspunkte zu den hier aufgemachten Themenkomplexen.
CF