Auf dem Weg zu einer Schule für alle


  1. Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler:innen mit Förderbedarf?

Kinder und Jugendliche lernen vor allem voneinander. Orientieren sich Schüler*innen jedoch immer nur an dem Verhalten und den Fähigkeiten ist das Spektrum des Dazulernens begrenzt. Zudem profitieren Schüler*innen ohne Förderbedarf von spezielleren Bedürfnissen oder Fähigkeiten der anderen Schüler*innen und werden so toleranter und mehr sensibilisiert für andere Bedürfnisse. Zudem öffnet sich so allen Schüler*innen die Möglichkeit „eigene Erfahrungen mit der Lösung sozialer Probleme
sammeln [zu] können“ (Opp, 2009, S. 376), die sich außerhalb des Rahmens von  Regelschüler*innen bewegen.

  1. Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung&Entwicklung “ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Nützt die Diagnose „Trisomie 21“ Ihnen als Lehrer:in mehr? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler:in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Meiner Meinung nach sind in diesen Diagnosen Förderschwerpunkt Wahrnehmung und Entwicklung oder Lernen sehr wenig Informationen enthalten, die mir als Lehrkraft Auskunft darüber geben, inwiefern Inhalte angepasst werden könnten oder ob die Notwendigkeit dazu besteht. Der Förderschwerpunkt Wahrnehmung und Entwicklung kann ein Spektrum von bis enthalten und je nachdem kann in der Unterrichtsgestaltung darauf eingegangen werden.

Die Diagnose Trisomie 21 hingeben gibt vermeintlich mehr Informationen auf Grundlage von Stereotypen und Vorurteilen. Dies kann sicherlich ein kleiner Vorteil sein, jedoch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass Personen trotz gleicher Diagnose verschiedene Bedürfnisse haben, die es zu fördern gilt.

Letztendlich gilt, dass je mehr persönliche Informationen gesammelt werden können, desto besser kann sich eine Lehrkraft auf individuelle Förderung einstellen. Zu diesen könnten Hobbys, Interessen, aber auch der familiäre Hintergrund zählen Eine Zusammenarbeit von Lehrkraft, Familie und anderen Betreuungsinstanzen wie Ergo- oder Physiotherapeut*innen wäre zudem wünschenswert, realistisch betrachtet ist dies zeitlich kaum realisierbar.

  1. Wie können Sie in Ihrem Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Diverse Darstellungsmöglichkeiten, wie Podcasts, Videos oder andere Anwendungen können abhängig vom Lerntyp des Kindes oder Jugendlichen die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit verbessern, denn so können die Inhalte individuell auf das Kind abgestimmt gelehrt werden, indem die Wahlmöglichkeit besteht. Schüler*innen  ohne oder mit geringem Sehvermögen, können so genauso am „normalen“ Unterricht partizipieren, denn die Vorlesefunktion von iPads lässt diese SuS autonom lernen. Auch Spracherwerb für Schüler*innen mit Förderbedarf an dieser Stelle oder deren erste Sprache nicht Deutsch ist können von digitaler Unterrichtsgestaltung profiteren, indem sie vornehmlich Medien wie Videos oder Podcasts wählen. Des Weiteren kann so das Lerntempo von Schüler*innen selbst bestimmt werden. Um die Qualität der Materialien zu sichern, könnten Datenbanken orientiert am norwegischen Modell angelegt werde, auf die alle Schüler*innen zugreifen können.

Zugänglichkeit bedeutet jedoch nicht nur die Integration digitaler Medien in den Unterricht, sondern auch die Verfügbarkeit für alle Schüler*innen. Entgegen dem gesetzlich geregelten Zugang zu Schulbüchern, ist die Ausstattung abhängig von der jeweiligen Kommune/Stadt und nicht selbstverständlich Verfügbar für die Schüler*innen (Breiter,  Aufenanger, Averbeck, Welling, Wedjelek, 2013, S. 56)

  1. Wählen Sie eines der Lernvideos/der Podcasts/Interviews auf path2in.uni bremen.de aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für Ihre Kommiliton_innen, warum es sich ggf. lohnt sich das Video/den Podcast/den Text anzusehen.

Podcast: Michael Evers-Komplexe Beeinträchtigungen

Wie sieht Bildung für Schüler*innen mit komplexen Beeinträchtigungen aus und (wie) ist es möglich, diese an „Regelschulen“ zu fördern?

Michael Evers ist Schulleiter der Paul-Goldschmidt-Schule in Bremen-Lesum und gibt interessanten Input zur Integration von Schüler*innen mit komplexen Beeinträchtigungen. Besonders spannend dabei ist, welche Möglichkeiten es im Rahmen der Inklusion gibt, SuS mit motorischen Beeinträchtigungen im Alltag zu fördern; außerhalb von „Sonderschulen“. Auffällig dabei ist, dass es jedoch nur vereinzelt Schüler*innen mit komplexen Beeinträchtigungen gibt, die außerhalb von Förderzentren unterrichtet werden. Als einen der Hauptgründe nennt er die Barrierefreiheit, das Zuschalten via Zoom o.ä. aus einem Raum im Erdgeschoss zur Klasse die in einem nicht erreichbaren Klassenraum sitzt, sei für Evers keine Inklusion. Es beschreibt zudem, dass diese Schüler*innen engmaschigere Betreuung benötigen, an dieser Stelle lässt sich vermuten, dass personelle Ressourcen ein weiterer Grund sind, wieso Schüler*innen mit komplexen Beeinträchtigungen an „Regelschulen“ Einzelfälle darstellen.

 

Die Relevanz dieses Themas ist nicht nur für Sonderpädagog*innen gegeben, es sollte das Ziel aller Lehrkräfte sein, eine Schule für alle zu kreieren.

Literatur

  • Opp, Günther (2009): Schulkultur. In: Opp, Günther/Theunissen, Georg (Hg.): Handbuch schulische
    Sonderpädagogik. Bad Heiilbrunn, S. 373-378.
  • Breiter, Andreas, Aufenanger, Stefan, Averbeck, Ines, Welling, Stefan, Wedjelek, Marc (2013): Medienintegration in Grundschulen. Untersuchung zur Förderung von Medienkompetenz und der unterrichtlichen Mediennutzung in Grundschulen sowie ihrer Rahmenbedingungen in Nordrhein-Westfalen, Schriftreihe Medienforschung der Landesanstalt der Medien NRW, Vistas, Berlin

Eine Antwort zu “Auf dem Weg zu einer Schule für alle”

  1. Hallo Neele,

    Deinen Aussagen in Aufgabe 1 stimme ich auf jeden Fall zu. Darüberhinaus denke ich, dass die Aussonderung von Schüler*innen mit Förderbedarf dazu führen kann, dass sich die betroffenen Schüler*innen diskriminiert fühlen können, weil sie “anders” sind als die anderen Kinder oder nicht “gut” genug. Durch diese Trennung der Schüler*innen kommt es dazu, dass sie die Kinder nicht mehr als Teil der Klasse fühlen und sich somit ausgeschlossen fühlen. Dadurch werden die ausgesonderten Schüler*innen immer weiter von ihren Mitschüler*innen isoliert und es kann eine Art “Zweiklassengesellschaft” in den Schulen entstehen. Dabei ist es besonders wichtig Schüler*innen mit Förderbedarf in den “normalen” Unterricht zu integrieren, da sie Vorbilder benötigen, um ihre eigene Sprachentwicklung, motorische Entwicklung, Lernentwicklung und emotionale-soziale Entwicklung fördern zu können (Folie 17). Der Umgang mit Mitschüler*innen kann daher für Schüler*innen mit Förderbedarf von Vorteil sein (Sarimski, 2019).
    Jedoch auch die anderen Kinder können von einem Inklusionsunterricht profitieren. Schüler*innen, die gelernt Unterschiede im Lernen und Verhalten zu akzeptieren und als Ressource zu nutzen, werden späteren im eigenen Berufsleben und in der Gesellschaft besser mit Unterschiedlichkeiten klarkommen (Depp-Wolfinger, 2018). Also ist die Inklusion von Schüler*innen mit Förderbedarf nicht nur für die Betroffenen selbst von Bedeutung, sondern auch die anderen Schüler*innen können davon profitieren.

    Quellen:
    Sarimski, Klaus: „Soziale Teilhabe von Kindern mit Down-Syndrom. Eine explorative Studie zur Sicht der Lehrkraft“ in: Empirische Sonderpädagogik 11 (2019).
    Deppe-Wolfinger, H. In: Müller, F.: Blick zurück nach vorn – WegbereiterInnen der Inklusion. Band 2. Gießen: Psychosozial-Verlag (2018), S. 204.

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