- Die Bedeutung des Genderns hat in den letzten Jahren stark zugenommen, besonders im Kontext der Schule. Dieses Thema spielt eine immer größere Rolle, da das Geschlecht nicht nur biologisch, sondern auch sozial bedeutsam ist (Jäckle 2009, S. 294 f.). Es beeinflusst, wie Menschen in der Gesellschaft miteinander interagieren und wie bestimmte Rollen verteilt werden (vgl. Ebd.).In der Vorlesung haben wir uns mit dem Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Genderdynamiken und -pädagogik in der Schule beschäftigt. Bei der Inszenierung handelt es sich um einen Prozess, bei dem Geschlechterrollen bewusst konstruiert, vermittelt und bewahrt werden, zum Beispiel in Unterrichtsmaterialien. Gleichzeitig gibt es individuelle Zuschreibungen, bei denen Schülerinnen und Schüler unbewusst gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen (z. B. die Vorstellung, dass Mathematik eher etwas für Jungen ist, was Mädchen davon abhalten könnte, ihr volles Potenzial in diesem Fach zu entfalten). In der Genderpädagogik setzt man sich bewusst mit diesem Spannungsfeld auseinander, um Geschlechterstereotype abzubauen und eine gerechtere und inklusivere Lernumgebung zu schaffen. Ein theoretischer Ansatz dafür ist das „Gender Mainstreaming“. Die United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women definiert den Begriff wie folgt: „Gender Mainstreaming ist eine weltweit akzeptierte Strategie zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Mainstreaming ist kein Selbstzweck, sondern eine Strategie, ein Ansatz, ein Mittel, um das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen“ (vgl. UN-WOMAN 2023). Diese Definition zeigt, dass Geschlechtergerechtigkeit nicht nur als Selbstzweck betrachtet wird, sondern als essentielle Voraussetzung für eine nachhaltige menschliche Entwicklung (vgl. Tomic 2011, S. 32 f). Dieser Ansatz verdeutlicht auch, dass Gender Mainstreaming im schulischen Kontext bedeutet, geschlechterbezogene Themen und die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit auf verschiedenen Ebenen zu integrieren. Dazu gehören Unterrichtsmaterialien, Lehrpläne und pädagogische Methoden, die im Schulalltag angewendet werden.
- Bei einer Stationsarbeit hat meine Lehrerin besonders darauf geachtet, dass Jungen und Mädchen möglichst gleichmäßig in die Gruppen aufgeteilt wurden. Es war wichtig, dass die Aufteilung ausgewogen war, aber nicht, welche Interessen und Fähigkeiten die einzelnen SuS besaßen. Schon damals interessierte ich mich für naturwissenschaftliche Themen, insbesondere für das Durchführen von Experimenten. Deshalb wollte ich gerne einer Gruppe zugeteilt werden, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigte und die Experimente durchführen durfte. In meiner Klasse gab es überwiegend Jungen, die naturwissenschaftlich begabt waren. Dennoch änderte das nichts daran, dass meine Fähigkeiten und Potenziale nicht ausreichend waren, um ein Experiment durchzuführen. Mir wurde die Rolle der Protokollantin zugewiesen und ich musste den Versuchsablauf dokumentieren. Ich konnte beobachten, dass den meisten Mädchen die Rolle der Protokollantin zugeschrieben wurde, während die Jungen sich mit der Durchführung der Experimente befassen durften. Die Art der Gruppenbildung basierte also auf der Annahme, dass Mädchen eher schriftlich und Jungen eher an naturwissenschaftlichen Themen interessiert sind. Eine gendersensible Herangehensweise hätte dazu beigetragen, die individuellen Interessen der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen und ihnen ermöglicht, sich optimal in den Projekten einzubringen, unabhängig von geschlechtlichen Stereotypen.
- Inwiefern berücksichtigt die Lehrkraft die geschlechtssprezifischen Stereotype bei der Unterrichtsgestaltung? Haben Jungs und Mädchen gleiche Chancen/Ressourcen zur Verfügung, um ihre Individuellen Potenziale zu entfalten?
- Tomic, M. (2011). Gender Mainstreaming in der EU: Wirtschaftlicher Mehrwert oder soziale Gerechtigkeit? (2012. Aufl.). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
- Jäckle, M. (2009). Schule M(m)acht Geschlechter: Eine Auseinandersetzung Mit Schule und Geschlecht Unter Diskurstheoretischer Perspektive. Verlag Für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91344-5
- UN-WOMAN (2023): Gender Mainstreaming. [Online] URL: https://www.un.org/womenwatch/osagi/gendermainstreaming.htm [Stand: 26.05.2023].
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