Die rote Kamera.
Liegt schwer in meiner Hand.
Zieht mich runter in die Tiefe.
All die schweren Erinnerungen, die in mir lasten von der Kamera eingefangen.
Das rot wie Feuer in meinem Kopf kann nie gelöscht werden.
Fotos für immer da.
Gefangen in meinen eigenen Vorstellungen, die ich nie erfüllen werde.
An Wochenenden in den Taschen meiner Jacke. Ausgepackt wird sie nie.
In roten Momenten fliegt sie in meine Hände, wie von selbst. Ohne jeglichen Willen.
Hält Erinnerungen fest, die nicht festgehalten werden wollen.
In mein Hirn eingebrannt.
Frage. Fragen über Fragen.
Die kleine rote Kamera, die so schwer in meinen Händen liegt.
Antworten habe ich keine.
Habe nur rot vor Augen.
Wenn mein Auge durch die Linse blickt und die roten Momente einfängt, fühle ich nichts. Nur eine neue Erinnerung, die sich in mein Hirn brennt.
Nie grün, nie gelb, nie blau.
Rot.
Wie schön du das sprachlich verpackst, was ein Gegenstand, insbesondere eine Kamera, an Emotionen auslösen und festhalten kann! Als ich von der Schwere der Erinnerungen las, die du beschreibst musste ich an die eine Person aus dem Text von Daniel Miller denken, den wir vor einigen Wochen gelesen haben. Die Person, Simon, konnte es nicht aushalten, wenn Menschen Bilder von ihm betrachteten, die sich seiner Kontrolle entzogen. Das war derart eng mit seinem Selbstwertgefühl verbunden, welches anscheinend stark auf seiner Wahrnehmung im Außen beruhte, dass ich mich zurückhalten musste, dieses Verhalten nicht zu pathologisieren. Wiederum schätzte er die Fotos auch als Erinnerungsstütze. Ich finde darin zeigt sich auch die Ambivalenz in deinem Text: die Schwere und der Wert von (materiellen) Erinnerungen.
Ich durfte deinen Text bereits hören, bevor ich ihn hier gelesen habe. Du hast ihn leise gelesen, gesessen haben wir in einer Geräuschkulisse, um uns herum Menschen, die sich ebenfalls ihre Texte gegenseitig vorlasen. Und immer wieder bekomme ich Gänsehaut. Leise hast du geflüstert: „Fotos für immer da.“
Ich kann nicht benennen, was dein Text in mir auslöst, aber ich wurde und werde noch immer zum nachdenken angeregt. Du hast so schöne Worte gefunden, danke, dass du sie hier mit uns teilst.