Allgemeiner Überblick

Didaktische  Modelle,  wie  sie  in  den  vorangegangenen  Kapiteln  vorgestellt  wurden,  versuchen  die  „wesentlichen  Elemente“  ihres  „Handlungsraums“  –  dem  Unterricht  –  zu  erfassen.  Wenn  sich  dieser  Handlungsraum  „allen  Schularten,  allen  Schulstufen  und  allen  Schulfächern  sowie  […]  nicht-schulischen Lehr-Lernkontexten“ öffnet, dann werden die Modelle als allgemein-didaktisch  bezeichnet  (Zierer,  2011,  S.  166).  Zudem  sind  sie  als  Explikations-  und  Handlungsmodelle  zu  verstehen  (vgl.  Frey  &  Walgenbach,  1980),  bleiben  dabei  aber  „formal“  und  beschreiben  lediglich  den  „Rahmen“,  in  dem  „didaktisches  Handeln  begründet  und  strukturiert  werden  kann“  (Jank  &  Meyer,  2002,  S.  35).  Sie  dienen  der  „Herstellung  von  Übersicht  und  Ordnung“,  tragen  zur  „Verringerung  von  Komplexität“  bei,  haben  „eine  richtungsweisende Funktion für die pädagogische Forschung“ und helfen bei der „Handlungsorientierung“  (Jank  &  Meyer,  2002,  S.  35). Demzufolge  nehmen  didaktische Modelle eine „Mittlerposition zwischen Theorie und Praxis“ ein, „sie  machen  Theorien  praktikabel“,  „theoretisieren  die  Praxis“  (Zierer,  2011,  S. 166) und „dienen funktional der bestmöglichen Gestaltung von Bildungs-prozessen.  Hierzu  liefern  sie  ein  auf  Vollständigkeit  zielendes  Theoriekonstrukt zur Analyse und Planungsdidaktischen Handelns“ (Riedl, 2010, S. 77).

Ihre  Bedeutung  für  die  Unterrichtsplanung  liegt  darin,  mit  ihrer  wissenschaftstheoretischen  Grundlage  sowohl  der  Planungsanleitung  als  auch  der  Legitimation  von  Ziel-,  Inhalts-  und  Methodenentscheidungen  im  Unterricht  förderlich  zu  sein  (vgl.  Jank  &  Meyer,  2002).  Darüber  hinaus  strukturieren  sie  die  „Kommunikation  über  Unterricht“  und  sind  für  „Prüfungs-zwecke“  gut  geeignet  (vgl.  Meyer,  2012;  Tebrügge,  2001).  Zusammenfassend  leitet  Becker  (2013)  für  allgemeindidaktische  Theorien  den  Anspruch  ab,  dass  diese  „sowohl  für  die  Planung,  als  auch  für  die  Durchführung  und  die  Reflexion von Unterricht Wissen bereitstellen […] und entweder bereits empirisch geprüft  sind oder überprüfbar sind.” (Becker, 2013, S. 232 f.) (S. 269 f.)

 

Über  vierzig  solcher didaktischer Modelle  benennt  Kron  (2008)  in  seinem  Überblickswerk  „Grundwissen  Didaktik“.  Folgt  man  Terhart  (2002),  so  ließen sich diese jedoch auf lediglich vier „Theoriefamilien“  reduzieren:

  • Bildungstheoretische Ansätze,  die  die  Auswahl,  Anordnung  und  Explikation  der  Inhalte  des  Unterrichts  in  den  Mittelpunkt  stellen  und  Methoden-fragen nachgeordnet betrachten.
  • Lehrtheoretische Ansätze, die  die  Perspektive  einer  planenden  und  analysierenden  Lehrkraft widerspiegeln  und  –  eingepasst  in  die  Ausgangslage  der  Lerngruppe  –  Entscheidungen  zu  Zielen,  Inhalten,  Methoden  und  Medien gleichermaßen berücksichtigen.
  • Kommunikations- und  interaktionstheoretische  Ansätze,  die  sich  weder  auf  die  Inhaltsdimension  noch  auf  die  analysierende  Perspektive  der  Lehrkraft konzentrieren,  sondern  sich  den  Interaktionsstrukturen  im  Klassen-zimmer widmen.
  • Konstruktivistische Ansätze, die vor allem das Lernen als aktiven und konstruierenden Prozess  ansehen,  in  dem  Lehrkräfte  das  Lernen  nicht  erzeugen, sondern nur anregen können. (S. 270) (Terhart, 2002, S. 78 f.)

 

  • Das Berliner Modell und das Hamburger Modell gehören mit dem Perspektivenschema (erg.: kritisch-konstruktive Didaktik) zu den berühmtesten Vertretern unter den didaktischen Modellen (S. 271) (diese Didaktiken nehmen als „Klassiker“ eine Sonderstellung ein) (v Seel, 1999; Seel  &  Zierer, 2012)

 

  • Als theoretische Grundlage von Unterricht und dessen Planung ist es eine wesentliche Funktion von didaktischen Modellen, bei der Unterrichtsplanung behilflich zu sein. Wirft man einen Blick in Forschungsstudien zum Planungsverhalten von Lehrkräften (z. B. Bromme, 1981), so scheinen didak-tische Modelle aber nur unwesentlichen Einfluss auf die Planungsaktivitäten zu haben, und den Modellen eilt der Ruf voraus, zu theoretisch und damit nicht alltagstauglich und unpraktikabel zu sein. Letztlich wurde aber in keiner Studie bisher der Fokus direkt auf didaktische Modelle und deren Praktikabilität gerichtet, sondern das Planungshandeln von Lehrkräften wurde allgemein untersucht. Keine Studie widmet sich direkt der Bewertung oder der Qualität didaktischer Modelle. (S. 283)

 

  • Neue Ansätze setzen somit zwar andere Schwerpunkte und Akzentuierungen, bringen zum Teil  neue  Aspekte  ein  und  integrieren  neue  wissenschaftliche Erkenntnisse,  aber  etwas  grundsätzlich  Neues  liefern  sie    Terhart  argumentiert  damit  wieder  in  die  Richtung  seiner  eingangs  bereits  erwähnten  „Theoriefamilien“  (Terhart,  2002,  S.  77)  und  vertritt  damit  die  Auffassung,  dass  es  sich  bei den „neuen“ Ansätzen, wie bereits in den Jahrzehnten zuvor, zumeist nur um  weitere  Ausdifferenzierung  bestehender  Theorien  handelt (S. 274)
  • Terhart ordnet auch die folgenden „neuen“ Ansätze in die Familie der lehrtheoretischen Ansätze ein: die Didaktik der Analysekompetenzen (W. Plöger et al.), die Adaptive Didaktik (F. Vogt), das Blended learning (G. J. Maresch), das Instructional design (H. M. Niegemann), die Didaktik empirischer Potentiale (C. Helm)

(Quelle: Wernke, Stephan/Zierer; Klaus (2016): Neue Ansätze in der Allgemeinen Didaktik. Zwischen Tradition und Neuausrichtung: Die Eklektische Didaktik als zukunftsweisender Integrationsversuch, in: Porsch, Raphaela (Hg.), Einführung in die Allgemeine Didaktik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für Lehramtsstudierende. Münster/New York: Waxmann. S. 269-288.)