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RV13 – Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu: Schule in Kanada

1.) Wenn Sie an die Schwerpunktvorlesungen zu Migration (RV02 Karakasoglu) und Inklusion RV06 (Frau Schwarzenberg) und RV07 (Herr Müller) zurückdenken, wo sehen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Inklusionsverständnis zwischen Kanada und dem, was Sie in der Vorlesung über Deutschland gelernt haben? Bitte nennen Sie mindestens 2 Aspekte und begründen Ihre Wahl mit Bezug zu den Vorlesungsinhalten.

Das kanadische Schulsystem unterscheidet sich in vielen Bereichen stark von dem deutschen. Das Inklusionsverständnis in Deutschland ist ein sehr administratives. In der Vorlesung zur Inklusive Pädagogik wurde deutlich, dass Fördergelder in Deutschland den betroffenen Schülerinnen und Schülern individuell zugewiesen werden. Diese Regelung ist zwar zielgenau, jedoch ermöglicht sie den Schulen keine kohärente Inklusionsarbeit. Schulen in Kanada wird hingegen ein Förderbudget anhand von Schüler*innencodes zugewiesen. Die kanadischen Schulen haben also die Möglichkeit die Inklusionsmaßnahmen auf das gesamte Schulkonzept anzupassen.

Außerdem wurde aus der Vorlesung deutlich, dass Lehrerende in Kanada wesentlich mehr Unterstützung bei der Inklusion erfahren. Durch multiprofessionelle Lehrendenteams wird kann dem inklusiven Unterricht also mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht werden. Die Inhalte der vorherigen Vorlesungen haben gezeigt, dass Lehrende in Deutschland oft nur wenig unterstützt werden – sei es durch mehr Personal oder ausreichend Schulungsangebote.

Eine nicht unerheblicher Gemeinsamkeit des deutschen und kanadischen Schulsystems ist jedoch, dass die Bildung an allgemeinen Schulen und Kindergärten gebührenfrei gestaltet ist. Besonders die frühkindliche Bildung in inklusiven Kindergärten kann einen großen Beitrag zur Chancengleichheit in der Bildung leisten. Jedoch muss man auch darauf hinweisen, dass noch nicht jedes deutsche Bundesland die frühkindliche Bildung gebührenfrei anbietet.

2.) Eine plastische Vorstellung von der Umsetzung der im Vortrag geschilderten Leitlinien der kanadischen Schulpolitik in der Praxis vermittelt der Blog aus meinem Forschungs- und Entwicklungsprojekt TraMiS (Transnationale Mobilität in Schule) unter folgendem Link. Bitte lesen Sie ihn sich durch. Welche Fragen stellen sich Ihnen als angehende Lehrer*in hinsichtlich der Übertragbarkeit von dort erwähnten inklusiven Maßnahmen und Projekten auf den deutschen Schulkontext. Begründen Sie ihre Perspektive.

Die vorgestellte Schule hat einige Konzepte und Gegebenheiten, die ich sehr gerne auf den deutschen Schulkontext übertragen sähe. Viele der Maßnahmen, die vor allem der Zurschaustellung kulturellen Diversität der Schule dienen, sind ohne weitere Fragen übertragbar auf deutsche Schulen. Jedoch habe ich in meiner eigenen Schulzeit auch erlebt, dass dem Aspekt der kulturellen Diversität nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Es stellt sich mir die Frage, warum Schulen kein Augenmerk auf diesen Aspekt legen und durch welche politischen Förderprogramme kulturelle Diversität an alle deutschen Schulen zum Ausdruck kommt.

Ein weiterer Aspekt ist die räumliche Ausstattung der vorgestellten Schule. Wie schafft man es Schulen Räume zur Inklusive und Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen? Oft habe ich erlebt, dass es an deutschen Schulen schon an Fachräumen mangelt. Platz für kulturelle, kreative oder inklusive Projekte ist oft eher der zweite Gedanke. Besonders interessiert hat mich der feste Raum für den Student Council. Als angehender Politiklehrer ist es meine Überzeugung, dass die Schule nur dann gut und bedürfnisgerecht gestaltet werden kann, wenn es eine aktive Schüler*innenvertretung gibt. Mein ehemaliges Gymnasium hatte eine sehr unabitionierte Schüler*innenvertretung. Schafft man den Raum und den Rahmen für SuS ihre Interessen auszuarbeiten und zu artikulieren, so ist das der einzige Weg, um Schulprojekte inklusiv zu gestalten

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Mehrsprachigkeit in der Schule und im Unterricht

1. An Ihrem Gymnasium gibt es eine – wie üblich sehr heterogen besetzte – Vorklasse, in welcher sogenannte Seiteneinsteiger*innen Deutsch lernen und auf die Teilnahme am Regelunterricht vorbereitet werden. Für einige wird nun der Übergang diskutiert. Ein Großteil der Lehrkräfte plädiert – mit Verweis auf die noch nicht vollständig ausreichenden (bildungssprachlichen) Deutschkenntnisse – sie an eine Oberschule zu überweisen, obwohl die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer Vorbildung eigentlich die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen und gerne an der Schule bleiben würden. Nehmen Sie auf Basis der Vorlesung Stellung dazu.

Das Vorhaben der Lehrenden, die Schüler*innen aufgrund von mangelhaften bildungssprachlichen Deutschkenntnissen an eine Oberschule zu verweisen, würde ich kritisieren. Es ist sicherlich wichtig den Einzelfall und die genauen Gründe der/des betroffenen Schüler zu betrachten, um herauszufinden, welche bildungssprachlichen Kompetenzen in der Erstsprache vorliegen. Erst durch die individuelle Betrachtung der vorhandenen Kompetenzen lässt sich ein Urteil über den potentiellen zukünftigen Lernerfolg fällen.

Der beschriebene Fall besagt, dass diese Vorkenntnisse verbunden mit einer ausreichenden Lernfähigkeit vorliegen. Die Lehrkräfte sollten erkennen, dass der Lernprozess der SuS zum Teil viele Jahre dauern kann. Man sollte diesen Prozess immer wieder fördern, aber die SuS auch fordern. Die Lehrenden sollten auf den Mehrwert, den Mehrsprachigkeit auch für den Unterricht an Gymnasien haben kann, hingewiesen werden. Es wäre meiner Ansicht nach kontraproduktiv für den Sprachlernprozess und den allgemeinen Bildungsprozess mehrsprachige Schüler*innen zu unterfordern.

2. Welche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit – in der hier verstandenen breiten Sicht – in Schule und Unterricht (selbst als Schüler*in und/oder Praxiserfahrungen) haben Sie bislang gemacht? Diskutieren Sie die Erfahrungen vor dem Hintergrund dieser Vorlesung

Ich habe in meiner eigenen Schulzeit wenige Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit gemacht. In meinem Heimatort wird sehr viel Plattdeutsch gesprochen. Auch wenn Hochdeutsch in meiner Generation die klar dominierende Sprache ist und war, gab es doch immer wieder Momente an denen man merkte, dass manche Mitschüler*innen im Elternhaus viel Plattdeutsch hören oder auch sprechen. In solchen Situationen waren es meistens kleinere Fehler in der hochdeutschen Grammatik, die aus der plattdeutschen Grammatik übernommen wurden. Im frühen Englischunterricht in der Grundschule hat die damalige Lehrerin für diese Schüler*innen oft Brücken bauen können zu der plattdeutschen Sprache, da diese einige Ähnlichkeiten zur englischen hat.

In meinem Schülerpraktikum an einer Grundschule habe ich kurze Einblicke in den Förderunterricht für Schüler*innen mit Deutsch als Zweitsprache erlangen können. Ich erinnere mich daran, dass einige Lehrkräfte eine Überforderung beklagten. Dieser Aspekt wurde auch in der Vorlesung deutlich.

3. Was möchten Sie nach dem Besuch dieser Vorlesung bei Ihrer zukünftigen Unterrichtsgestaltung beachten? Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen dafür noch?

Bei meiner zukünftigen Unterrichtsgestaltung möchte ich vor allem die Vorzüge von Mehrsprachigkeit für den Unterricht berücksichtigen. Es wäre mir wichtig, Wege zu finden Mehrsprachigkeit in Klassen zu einem Vorteil für jede/n Schüler*in zu machen. Außerdem möchte ich beachten, dass der Status der bildungssprachlichen Deutschkenntnisse nicht unmittelbar etwas über die allgemeine Lernfähigkeit aussagt. Ich denke Mehrsprachigkeit kann Lehrende herausfordern und sogar Unmut auslösen. Diese Voreingenommenheit sollte bei der Unterrichtsplanung aktiv überwunden werden.

4. Wie muss Schule unserer mehrsprachigen Gesellschaft gestaltet sein? Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit Sie die Mehrsprachigkeit ihrer Schüler*innen einbeziehen und einen registersensiblen Fachunterricht gestalten können?

Zuallererst muss sichergestellt werden, dass die Klassen kleiner werden. Der Unterricht mit Mehrsprachigkeit kann besondere Herausforderungen für die Klasse und den Lehrenden bedeuten. Es ist deshalb wichtig, dass SuS ihre Mehrsprachigkeit zum Ausdruck bringen können. In Klassen mit etwa 30 Schüler*innen können die positiven Auswirkungen von Mehrsprachigkeit für den Lernerfolg der Klasse untergehen. Außerdem darf es in Klassen die über eine ausgeprägte Mehrsprachigkeit verfügen nicht nur eine einzige Lehrkraft geben. Um einen guten Lernprozess für alle Schülerinnen und Schüler gewährleisten zu können, müssen Inklusionskräfte oder bestenfalls Pädagogen unterstützend hinzugezogen werden.

Der Unterricht muss dringend sachbezogener gestaltet werden. Schülerinnen und Schüler die noch Kenntnisse im bildungssprachlichen Deutsch erlangen müssen, können diese am besten in interaktiven Unterrichtsformen erlernen. Davon würden alle SuS profitieren.