Kategorien
Allgemein

Heterogenität im Klassenzimmer

1. Die Autor*innen wollen „Differenz“ nicht zum Gegenstand ihrer Untersuchung machen, da dieser Begriff das Ergebnis eines undefinierten Unterscheidungsprozesses sei. Dieser Prozess der Identifizierung von Unterschieden ist, den Autor*innen zufolge, nicht in dem Begriff „Differenz“ berücksichtigt. Die Autor*innen beschreiben „Differenz“ als etwas, das nicht klar ersichtlich ist und die Beurteilung nur durch die Betrachtung der vorangegangenen Praktiken der Differenzierung Objektivität entstehen kann. Die Forschung der Autor*innen richtet sich deshalb nach den „Praktiken der Differenzierung“, die den Prozess, der Schülerinnen und Schüler als Unterschiedliche erscheinen lässt, umfassen sollen. Differenzen als Ergebnisse sozialer Vorgänge zu betrachten ist ein wichtiger Bestandteil der Begründung der Autoren. Sie beschreiben also damit, dass die alleinige Betrachtung von wahrgenommener Differenz nur zu einem subjektiven Urteil über Normabweichung führen kann. Die Begründung der Autor*innen lässt sich auch auf die Einführungsvorlesung über Heterogenität beziehen. Der Zustand der Heterogenität ist, ähnlich wie der, der Differenz, ein Ergebnis von subjektiv wahrgenommenen Normabweichungen. Heterogenität ergibt sich auch aus sozialen Vorgängen. Deshalb sind sowohl Differenzen als auch Heterogenität sozial konstruiert.

2. Die Schüler*innen der Projektgruppen entwickeln in der Gruppenarbeit eine eigene Dynamik. Durch bestehende Anti- beziehungsweise Sympathien und Annahmen gegenüber Personen der Gruppe entsteht eine Rollenverteilung innerhalb der Gruppe. Es wird ersichtlich, dass Gruppen sich anhand dieser und anderer Faktoren in zurückhaltende und aktive Mitglieder einteilen. Die untersuchten Mitglieder der Projektgruppen haben diese entstandenen Normen beziehungsweise Rollen akzeptiert. Die Schüler*innen wenden dann den „Modus der schulischen Leistungserbringung“ auf die Zusammenarbeit in der Gruppe an. Die physische, und verbale Präsenz der aktiven Gruppenmitglieder wird deshalb mit der Konstruktion der Leistungserbringung im schulischen Unterreicht assoziiert. So entsteht aufgrund der Eigendynamik der Gruppe, die sich auf bestehende konstruierte Differenzierungen der einzelnen Mitglieder zurückführen lässt, eine Konstruktion von leistungsbezogener Differenz.

3. Die festgehaltenen Beobachtungen von schultypischen Differenzierungen in Gruppenarbeiten lassen sich deutlich in meinen eigenen Erfahrungen erkennen. In vielen Gruppenarbeiten war schon zu Beginn klar, dass die als extrovertiert bekannten Schüler*innen die Rolle des aktiven Gruppenmitgliedes übernehmen. Bei der Reflexion meiner eigenen Rolle in Gruppen arbeiten muss ich feststellen, dass ich oft die Planung und Moderation der Aufgabenverteilung übernommen habe, da ich von eher zurückhaltenden Gruppenmitgliedern keine schnelle Initiative erwartet habe. Auch spielten Anti- oder Sympathien eine Rolle bei der Differenzierung von Gruppenmitgliedern. Besonders deutlich wurde diese Dynamik, wenn es ersichtlich war, dass Lehrer*innen vorsätzlich gemischte Gruppen aus „Leistungsstarken und Leistungsschwachen“ bildeten. In Unterrichtsfächern, in denen ich zu den Leistungsstarken zählte, habe ich große Teile der Arbeit selbst erledigt, um sicher sein zu können, dass gute Ergebnisse entstehen. In anderen Unterrichtsfächern war diese Dynamik umgekehrt zu beobachten. Die Konstruktion von Differenzierungen durch Lehrende und Schüler selbst hat also eine nicht unerhebliche Rolle in den Gruppenarbeiten gespielt.