1) Debus und Laumann kategorisieren drei Ebenen der geschlechtlichen Vielfalt, die zwar alle einzeln betrachtet werden können, aber dennoch miteinander zusammenhängen. Viel Wert wird dabei in jeder einzelnen dieser drei Ebene auf die Selbstbestimmung gelegt. Zum einen beziehen sich Debus und Laumann auf die Ebene des Körpers, zum anderen aber genauso auf die Identität und den Ausdruck. Es wird betont, dass die Körper-Ebene nicht bei allen gleichermaßen ausgeprägt ist, einige sich über körperliche Geschlechtsmerkmale identifizieren, andere wiederum keinen großen Wert darauflegen. (Debus, Laumann 2018)
Bei letzterer Personengruppe können die Ebenen, der der Identität und des Ausdrucks durchaus also mehr an Bedeutung gewinnen, auch wenn sie für diejenigen, die sich über körperliche Merkmale definieren nicht außer Acht zu lassen sind. Identität meint in diesem Fall die Geschlechtsidentität, die eine Person sich selbst zuschreibt, das kann neben den binären Geschlechtsidentitäten (Mann und Frau) auch eine weitere wie beispielsweise Genderfluid (das Wechseln zwischen den binären Geschlechtern) oder Non-Binary (keinem binären Geschlecht zugehörig). Ausdruck beschreibt zusätzlich die Außenwirkung auf andere, wie beispielweise die Wahl von Kleidung, die man mit einem der binären Geschlechter in Verbindung bringt, wie Kleider und Röcke bei Frauen. Zum Ausdruck zählen also solche Dinge, die sich auf Geschlechteridentität beziehen können, es aber nicht zwangsläufig müssen. (Debus, Laumann 2018)
Bei sexuellen und romantischen Orientierungen kann ebenfalls auf mehreren Ebenen unterschieden werden. Hierbei geht es aber weniger um die eigene Geschlechtsidentität, als darum mit welchen Personengruppen man sich Partnerschaften und engere Bindungen vorstellen kann bzw. um die Frage zu welchem Geschlecht man sich hingezogen fühlt. (Debus, Laumann 2018)
Entgegen diesem auf Vielfalt ausgelegtem Konzept, steht dann allerdings das Konzept der Heteronormativität, welches ausschließlich die heterosexuellen und binär cis-geschlechtlichen Personen einschließt bzw. diese privilegiert. (Engel 2009; Kleiner 2006)
Im Lehrer*innen Beruf ist die geschlechtliche, amouröse und sexuelle Vielfalt durchaus relevant, allein schon deshalb, weil Lehrer*innen selbst niemals nach dem Konzept der Heteronormativität gehen und Schüler*innen, die diesem Konzept nicht entsprechen schlechter behandeln sollten. Zusätzlich befinden sich wohl gerade Jugendliche gerne in Selbstfindungsphasen, bei welchen eine angemessene Behandlung auch im Schulalltag von großer Bedeutung für die betroffenen Schüler*innen bedeutet. Als Lehrer*in ist nicht bloß das Vermitteln von Fachwissen von Relevanz, sondern auch die Tatsachen, dass man Schüler*innen auf einem großen Teil ihres Lebensabschnittes, der dem Erwachsenwerden gewidmet ist, begleitet. Demnach gehört es für mich dazu Schüler*innen bestmöglich und vor allem mit Offenheit begleitet und versucht ihnen bei Schwierigkeiten zur Seite zu stehen. Jeder Schüler, jede Schülerin soll sich schließlich gleichermaßen willkommen in der Schule fühlen.
2)“Mädchen machen sich nicht schmutzig.“
„American Football? Ich dachte das ist nur sinnloses Raufen und was für Jungs.“
„Rosa ist voll die Mädchenfarbe.“
„In der Hose siehst du aber nicht wie ein Mädchen aus.“
„Typisch Frau. Einparken können Männer eben besser.“
3)Ich würde in beschriebenem Fall davon ausgehen, dass Jonas Klasse nicht richtig über die Thematik aufgeklärt ist, und versuchen dies zu ändern. Dafür würde ich mich als erstes mit Jona zusammensetzten und mit ihm darüber sprechen, welche Situationen ihm, neben dem Sportunterricht, schwer fallen, in welchen Situationen er sich noch ausgegrenzt fühlt um diese in einem Gespräch mit der Klasse auch aufgreifen zu können. Gleichzeitig würde ich Jona aber versichern, dass er selbst nicht Fokus des Gesprächs wird und das es hauptsächlich um einen Perspektivwechsel und eine Sensibilisierung bei seinen Mitschüler*innen geht.
Für das Gespräch mit der gesamten Klasse würde ich einen ganzen Projekttag organisieren, zudem ich Expert*innen speziell zum Thema Transsexualität, aber auch allgemein zu geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt einladen würde, die helfen können die Schüler*innen zu sensibilisieren. Aber auch in der allgemeinen Unterrichtsgestaltung würde ich Rücksicht in Form von genderneutralen Formulierungen nehmen und die Schüler*innen dahingehend sensibilisieren wollen, dass sie offen damit sind, welche Pronomen sie bevorzugen.
Darüber hinaus würde ich an der Schule anregen, dass über Umbaumaßnamen zumindest einmal nachgedacht wird. Die Zuordnung für die Benutzung von Toiletten oder, wie in diesem Beispiel, Umkleiden mag für cis-Menschen nicht schwierig sein, für trans-Menschen stellt sie jedoch jedes Mal neu die Frage nach der eigenen Identität und der Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Das Schaffen einer dritten Möglichkeit in Form von Unisex- Toiletten und -Umkleiden wäre deshalb meiner Meinung nach ein großer und wichtiger Schritt in die richtige Richtung, da dies schon von Anfang an eine Situation wie Jona sie erlebt, hätte einfacher machen oder gar verhindern können.
Literatur:
- Debus, K., Laumann, V. 2018. Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Berlin.
- Engel, A. 2009. Bilder von Sexualität und Ökonomie. Queere kulturelle Politiken im Neoliberalismus. Studien zur visuellen Kultur Band 6. Bielefeld: transcript
- Kleiner, B. 2016. „Heteronormativität“. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:15-qucosa-220314