Die vergessene Filmemacherin

Vor einer Woche schaute ich eine Dokumentation über eine Frau, die mich nachhaltig beeindruckte. Die Rede ist von Alice Guy, der vielleicht ersten weiblichen Filmemacherin und Regisseurin auf dieser Welt. Die Filmbranche ist bis heute von Männern dominiert. In zahlreichen Filmen sind es die Männer, die Filme inszenieren, Regie führen und dann zahlreich mit Ruhm beschenkt werden. Lediglich ein Drittel der Frauen sollen in der Filmbranche aktiv sein. Die Führungspositionen werden hier zumeist von Männern ausgeübt und die Gender Paygap geht weit auseinander. Doch wer ist Alice Guy? Geboren 1873, Saint- Madré, Frankreich. Durch den Tod ihres Vaters und Bruders, lag früh die finanzielle Last auf ihr. So bewarb sie sich mit 21 Jahren bei der Firma Namens „Comptoir général de Photographie“. Bei Léon Gaumont arbeitete sie daraufhin als Sekretärin. So dauerte es nicht lange, bis sie mit der Fotografie vertraut gemacht wurde. In diesem Jahrhundert stand die Wirtschaft und Wissenschaft nicht still, wodurch der Wunsch für den Wissenschaftsbegeisterten Léon Gaumont, seine bewegten Bilder einer breiten Masse zu präsentieren, immer größer wurde. Mit den Brüdern Lumiére kam es zu einem Umbruch, denn sie schafften es die erste Projektion für eine breite Masse vorzustellen. Es war damals das Jahr 1895. Was daraus entstand, waren aus Sicht von Alice Guy langweilige Aufnahmen, die sich von fahrenden Zügen, Militärparaden und Fabriktore zum Feierabend erstreckten. So bat sie Gaumont ein paar Eintakter zu inszenieren, was er gewährte. „La Fée aux choux“ (Die Fee der Kohlköpfe), ihr erster inszenierter Kurzfilm brachte einen Erfolg. Gaumont sah den Erfolg und ließ sie weitere Eintakter inszenieren und drehen. So begann sie, die Geschichten aus ihrer Kindheit vor die Kamera zu bringen. Gaumont gründete seine eigene Produktionsfirma und nahm seine wichtigste Mitarbeiterin mit- Alice Guy. So drehten sie weiter, nur diesmal mit einem Bühnenbild und Schauspielern. Durch das viele Drehen und die falsche Bedienung der damaligen Kameras passierten Fehler, die für die heutige Filmsprache nicht mehr wegzudenken sind: Überblendung, Rückwärtsfilm, Verlangsamung, Doppelbelichtung, Beschleunigung und Schnitt. So inszenierte sie bei Gaumont Komödien, die in der Bevölkerung auf Erfolg trafen. Damals war sie die einzige Frau in der Filmbranche und führte bei allen Filmen bei Gaumont Regie. Ihr Erfolg wuchs und dadurch auch die Verantwortung, wodurch ab 1905 sie das damals größte Filmstudio der Welt leitete. Ihr Erfolg führte jedoch auch zu Diskrepanzen zwischen ihr und der Männerwelt. Sie war es, die als erste Filme inszenierte, in welchen sie die Frau erstmals frei darstellte, weit von dem Frauenideal der damaligen Zeit. Neben ihren Feministischen Filmen, traute sie sich die benachteiligten Gruppen zu zeigen und ihnen dadurch eine Stimme zu geben. Auch sie war es, die als erste Historiker dazu nahm, für eine historisch korrekte Auseinandersetzung im Film. Doch ihre Karriere war nicht vom stetigen Erfolg geprägt, denn sie heiratete. Herbert Blanche, ebenfalls angestellter bei Gaumont, musste nach Anweisung von Gaumont in die USA auswandern, um dort das Geschäft für die Tonfilme anzukurbeln. An seiner Seite, Alice Guy. So kamen sie in die USA und Alice gab dafür ihre Leitung auf und ging zunächst keiner Beschäftigung mehr nach, bis Gaumont ein kleines Studio auf Long Island kaufte, um dort Tonfilme zu drehen. Die Leitung übernahm Alice Mann, Herbert Blanche. Ihr fiel auf, dass das Studio an mehreren Tagen unbesetzt war und mietete es genau für diese Tage. Nun ging sie wieder ihrer Passion nach- Filme drehen. Kratze ihre Ersparnisse zusammen und gründete mit ihrem Mann die Filmgesellschaft „Solex“. Auch hier blieb der Erfolg nicht aus; sie schaffte es zur bestbezahlten Geschäftsfrau Amerikas zu werden. Das alles, bevor die heute großen Namen der Filmbranche reich wurden. Neben ihren Spielfilmen, begab sie sich auch in für sie andere Welten. Vorurteilsfrei zeigte sie z.B. das Ghetto von Chinatown und besetzte einen Film mit afroamerikanischen Schauspielern. Zu damaligen Zeiten undenkbar. Doch ihr Erfolg begann zu schwanken, als ihr Mann die Leitung von „Solex“ übernahm und sie dadurch aus der Leitungsposition drängte. Dies stellte sich als das Aus deren Studios dar, denn durch sein schlecht investiertes Geld und seine Spielsucht, verspielte er alles. Alice Guy blieb mittellos, kehrte zurück nach Frankreich und stellte fest, dass Gaumont ihren Namen aus dem Firmenarchiv gestrichen hat. Ihren Erfolg und ihre Filme von den Männern totgedrückt und totgeschwiegen. Bis zu ihrem Lebensende kämpfte Alice für ihre Filme, jedoch vergeblich. 

 

 

 


Quellen:

  • O.A.; Antwort der Bundesregierung, Frauen werden in der Filmbranche benachteiligt; Süddeutsche Zeitung; 04.22.2020
  • Valérie Urréa, Nathalie Masduraud; Alice Guy, die vergessene Filmpionierin; ARTE Frankreich; 2021; aufgerufen auf der ARTE Mediathek 

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