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Denkmalanlage Sachsenhain

In diesem Blogeintrag möchte ich euch von der Denkmalanlage im Sachsenhain bei Verden berichten. Obwohl die Anlage nicht weit von meinem Wohnort entfernt ist, war ich noch nie dort. Ich wusste, dass es dort ein Denkmal gibt, aber nicht woran es erinnern soll.

Die Aufgabe, über eine Gedenkstätte zu schreiben, erschien mir zunächst sehr schwierig, weil ich mich bis dato nur wenig mit „Geschichte“ beschäftigt habe und Denkmäler eher mit etwas Negativem assoziierte, weil sie oft mit Kriegen oder der NS-Zeit zu tun haben. Dann brachte mein Vater mich auf die Idee, über den Sachsenhain in Verden zu schreiben. So kam es, dass ich mir die Anlage selbst anschaute, die Infotafeln durchlas und über die Gedenkstätte recherchierte.

Bei der Denkmalanlage Sachsenhain handelt es sich um einen zwei Kilometer langen Rundweg in der Natur. Um die Wege herum befindet sich naturbelassener Wald, in der Mitte ist eine Weide mit Kühen und Pferden. Am Wegrand reihen sich 4500 große Findlinge, die jeweils bis zu 1,5 Tonnen wiegen. Das Gelände wirkt eher wie ein schöner Park der zum Spaziergehen einlädt, als eine Denkmalanlage. Doch die 4500 Steine sollen an das sogenannte „Verdener Blutgericht“ von Karl dem Großen erinnern. Im Jahr 782 sollen hier in Verden 4500 Sachsen hingerichtet worden sein, angeblich als Rache für die militärische Niederlage im karolingischen Sachsenkrieg. Dies war im Mittelalter eine übliche Form der politischen Bestrafung. In anderen Quellen heißt es, diese 4500 Sachsen wehrten sich dagegen, Christen zu werden und wurden daher hingerichtet (Weser Kurier, 2019). Die Massenhinrichtung fand nicht auf dem Gelände des Sachsenhains, sondern vermutlich am Verdener Domplatz statt. Hans-Conrad Armbrecht, ein gebürtiger Verdener und pensionierter Lehrer, der sich in seiner Freizeit die Stadtgeschichte angeeignet hat, berichtet dem Weser Kurier, dass die Zahl von 4500 hingerichteten Sachsen übertrieben sei. „So viele Sachsen lebten hier gar nicht“ (Weser-Kurier, 2019).

Der Sachsenhain wurde 1934 – 1936 von Nationalsozialisten erbaut und als Platz für Gedenkfeiern und Kampfspiele gestaltet. Niedersächsische Bauern mussten Findlinge in ihrer Region finden und abliefern. Der damalige Reichsarbeiterdienst errichtete den Rundweg, zwei Brücken über den Halsebach, einen Fest- und Thingplatz und eine große Feuerstelle. Außerdem wurden im Norden der Anlage fünf alte niedersächsische Fachwerkhäuser restauriert.

Der Sachsenhain war eines der frühesten Bauprojekte der „Thing-Bewegung“ des dritten Reichs von 1934. Unter anderem unterstützen die NS-Ideologen Alfred Rosenberg und Heinrich Himmler die radikale Bewegung innerhalb der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), die einen antichristlichen, neuheidnischen Ritus entwickeln sollte. Sie wollten also langfristig die christlichen Kirchen verdrängen.

Am 21. Juni 1935 fand auf der noch unfertigen Anlage eine Einweihungsfeier statt, doch der Sachsenhain, der ursprünglich als neuheidnischer „Wallfahrtsort für ganz Deutschland“ geplant war, wurde ein Schulungslager für die Hitlerjugend und die SS, nachdem die Thing-Bewegung bereits 1936 zum Erliegen kam und Hitler sich mit den christlichen Kirchen arrangierte. Außerdem hatte sich die Geschichtspolitik der Nazis verändert. Nun nahm Karl der Große in ihrer Ideologie eine Heldenrolle ein, weshalb der Sachsenhain doch nicht mehr an die Hinrichtung der Sachsen erinnern sollte (Weser-Kurier, 2019).

Im Jahr 1945 diente der Sachsenhain als Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme. Acht männliche Gefangene mussten Bauarbeiten bei der Errichtung der SS Schulungsstätte verrichten. Es ist nichts über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Häftlinge oder über ihren Verbleib nach der Räumung des Lagers bekannt (KZ Gedenkstätte Neuengamme, o. J.).

Von 1945 bis 1950 diente das Gelände als Quartier für Kriegsflüchtlinge. Seit 1950 nutzt die Evangelische Jugend das Gelände für Landesjugendtreffen und -camps, Sportveranstaltungen, Zeltlager und Spiele.

Ich finde die Geschichte der Gedenkstätte Sachsenhain sehr komplex, da sie aus drei verschiedenen Dimensionen besteht:

  1. Das Blutgericht von Verden im Mittelalter
  2. Verdrängung von Kirchen und Religionen
  3. NS-Zeit und 2. Weltkrieg

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich durch die geschichtlichen Aspekte durchgestiegen bin, aber jetzt bin ich froh, mehr über die Geschichte dieses Ortes erfahren zu haben. Ich fand es anfangs merkwürdig, dass es kein Gedenken an die Opfer der Nationalsozialisten ist, sondern dass es von diesen erbaut wurde. Und es ist auch widersprüchlich, dass dort heute ein evangelischer Jugendhof ist, wo es doch ursprünglich darum ging, die Kirchen verdrängen zu wollen. Doch genau diese Komplexität macht den Sachsenhain für mich zu einer sehr interessanten und einzigartigen Gedenkstätte.

Ich denke, dass man diese Denkmalanlage gut als außerschulischen Lernort nutzen kann. Jedoch würde ich das aufgrund der komplexen Geschichte nur mit älteren Schülerinnen und Schülern empfehlen. Man sollte außerdem schon im Vorfeld über die Themen informiert sein, da die Informationstafel meiner Meinung nach etwas Vorwissen voraussetzen.

Abschließend möchte ich den Sachsenhain als außerschulischen Lernort einigen Kategorien von außerschulischen Lernorten nach Baar und Schönknecht zuordnen:

  • Es handelt sich um ein formales Lernen, da die behandelten Inhalte dem Geschichtsunterricht an weiterführenden Schulen zugeordnet werden kann.
  • Ich würde den Sachsenhain eher als sekundären Lernort bezeichnen, da sein Zweck nicht primär die Bildung ist. Es gibt zwar einige Informationstafeln, aber ich denke heutzutage wird die Anlage eher zum Gedenken und als Ruhe- und Erholungsort genutzt.
  • Der Sachsenhain ist ein schulkomplementäres außerschulisches Lernangebot. Es bietet wisch zwar an, den Ort im Rahmen des Geschichtsunterrichts zu besuchen, aber das Gelände besteht unabhängig von Schulen.

Es folgen einige Fotos, die als Impressionen dienen sollen.   Ich hoffe, ihr fandet den Beitrag über diese Gedenkstätte interessant. Ich persönlich bin froh, mich näher mit der Geschichte auseinandergesetzt zu haben und habe gleichzeitig einen schönen Ort zum Spazierengehen in meiner Nähe kennengelernt. Über Feedback und eure Gedanken freue ich mich!

Quellen:

Das meiste Wissen habe ich den Informationstafeln vor Ort entnommen, deren Texte vom Landesjugenddienst der evangelischen Kirche formuliert wurden. Bei den Fotos handelt es sich um eigene Aufnahmen.

Baar, R. & Schönknecht, G. (2018). Außerschulische Lernorte: didaktische und methodische Grundlagen. Weinheim: Julius Beltz.

Björn Struß (2019). Auf den Spuren der NS-Ideologie. Weser Kurier vom 08.10.2019. Abrufbar unter https://www.weser-kurier.de/region/verdener-nachrichten_artikel,-auf-den-spuren-der-nsideologie-_arid,1866150.html [19.05.2020].

KZ Gedenkstätte Neuengamme (o. J.). KZ-Außenlagerliste. Verden. Abrufbar unter https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/geschichte/kz-aussenlager/aussenlagerliste/verden/ [19.05.2020].