Jahr / Land / Filmdauer: 2022 / Vereinigte Staaten von Amerika / 130 Minuten
Regie: Joseph Kosinski
Autor: Shawn Korreck
Waghalsige Stunts. Pilotenbrillen. Durchtrainierte Körper. Unzählige One-Liner und natürlich Tom Cruise.
Diese wenigen Worte reichen, um direkt darüber aufzuklären, dass es sich um „Top Gun“ handelt. Oder doch nicht?
Top Gun feierte Mitte der 80er Jahre große Erfolge und wurde aufgrund seiner realistischen Darstellung und dem spannenden Thema, eingebettet in die Zeit des kalten Krieges, mit Russland als den puren Feind, zu einem Kultfilm. Rund 36 Jahre später folgte im letzten Jahr der Nachfolger. Noch immer mit Cruise in der Hauptrolle und obwohl es eben kein Remake ist, sind genau die oben niedergeschriebenen Worte, die wohl prägendsten Dinge aus dem Nachfolger.
Top Gun: Maverick macht keinen Hehl daraus, der Nachfolger des einstigen Kultfilms zu sein und scheint eventuell selber zu einem Kultfilm zu werden.
Wie auch zuvor spielt Tom Cruise die Hauptrolle, diesmal jedoch nicht als aktiver Kampfpilot der so genannten „Top Gun Elite-Einheit“, sondern als Ausbilder jener Piloten, die bereits ein Teil der „Top Gun-Einheit“ sind und nun auf eine gefährliche Mission geschickt werden sollen. Wie auch schon im Vorgänger trifft der Zuschauer auf unterschiedliche Charaktere und Charakterbeziehungen, diesmal nur deutlich diverser aufgestellt.
Im neuen Top Gun: Maverick wird der draufgängerische Cruise konfrontiert mit dem Sohn von Goose, seinem ehemaligen und bereits verstorbenen besten Freund und Wingman. Dessen Name ist Lieutenant Bradley „Rooster“ Bradshaw und dieser wird gespielt von Miles Teller. Cruise und Teller scheinen jedoch von Beginn an, aufgrund später aufgeklärter Gründe, keine besonders gute Beziehung zueinander zu haben. Rooster wiederum steht im Konflikt mit Lieutenant Jake „Hangman“ Seresin, dargestellt von Glen Powell, der eine Mischung aus dem ehemaligen Ice Man, gespielt von Val Kilmer und Cruise eigenem Charakter, Lieutenant Pete „Maverick“ Mitchell selbst zu sein scheint. Darüber hinaus spielt auch die Liebe für „Maverick“ wieder eine Rolle, so scheint er diesmal gefestigter zu sein und versucht sein Glück mit Penny Benjamin, von Jennifer Connelly gespielt, zu finden. Doch wie auch im ersten Teil, dürfen Flugzeuge und militärische Gegner nicht fehlen. So glänzt Top Gun: Maverick mit beachtlichen Flugaufnahmen diverser Kampfflugzeugmodelle der US-Army. Der Antagonist in diesem Film ist jedoch nicht wie im ersten Teil Russland, sondern ein Unbekannter, dessen Flugzeug-Design aber denen der MiG-Kampfflugzeuge des Iran oder Russlands ähneln.
Dieser Antagonist ist im Besitz einer Uran-Anreichungsanlage, die das US-Militär mit F-18 Maschinen in einem sehr schwierigen Manöver noch vor Beginn der Produktion des Urans, angreifen und zerstören möchte. Dafür wird Cruise als Ausbilder für die besten Top-Gun Absolventen einberufen. Der Film spielt in einem kurzen Ausbildungszeitraum der Piloten, vermutlich handelt es sich hierbei um wenige Wochen beziehungsweise Monate.
Besonders auffallend sind die Flugaufnahmen, die besonders realistisch sind, was unter anderem daran liegt, dass die im Film vorkommenden Flugzeuge zum Teil tatsächlich geflogen wurden, nachdem Kameras an diesen befestigt wurden. Darüber hinaus glänzt der Film durch viele Panoramaaufnahmen, die immer wieder eindrucksvolle Landschaften abbilden. Dabei kommt besonders der hohen Auflösung, wie auch dem typischen Orange-Filter besondere Bedeutung zu. So wirken alle Bilder aufpoliert und geben eine Top Gun – typische, warme, sonnige Atmosphäre von sich.
Die Dreharbeiten fanden ausschließlich in den USA statt. Darunter in Nevada, San Diego, Maryland und Washington. Diese bezogen sich weitgehend auf die dortigen Militärstützpunkte. Darunter der tatsächliche Militärstützpunkt der echten „Top Gun-Einheit“. Darüber hinaus fanden einige Aufnahmen auch auf den amerikanischen Flugzeugträgern, wie der USS Abraham Lincoln und der USS Theodore Roosevelt statt. Die bereits erwähnten Flugaufnahmen entstanden, in dem, mit Erlaubnis der Navy, ein Kamerasystem an die F/A-18 Super Hornets angebracht wurde und Flugmanöver von richtigen Piloten filmte.
Die Dialoge des Films sind relativ simpel gehalten und bestehen oft aus One- Linern oder verbalen Flug-Manövern. Dabei fällt jedoch die Piloten-Gestik auf, also die Anweisungen der Piloten, die sich quer durch den ganzen Film zieht und quasi zu einem markanten Element des Schauspiels wird.
Top Gun: Maverick wird durchgehend begleitet von extradiegetischem Soundtrack, der durch Harold Faltermeyer, wie auch im Vorgänger, sowie Hans Zimmer komponiert wurde. Diegetische Musik ist im Film, bis auf in einer Barszene nicht vorhanden. Darüber hinaus wird auch wieder eine neue Version des damals verwendeten „Danger Zone“ von Kenny Loggins im Film verwendet. Zum Soundtrack gehört ebenfalls Lady Gaga ́s „Hold My Hand“ und das Lied „I Ain ́t Worried“ von OneRepublic.
Top Gun: Maverick steht seinem Vorgänger in nichts nach, viel mehr wirkt der Film wie eine aufpolierte Version des ersten Teils. Die komplette Anfangssequenz des ersten Teils wurde de facto übernommen, ebenfalls mit Harold Faltermeyers „Top Gun Anthem“ als Intro-Song. Auch sind unverkennbare Szenen leicht abgewandelt übernommen worden. So gibt es wie im ersten Teil die berüchtigten Trainingssequenzen, den besagten Chorgesang in einer Bar und natürlich die berühmte Strand-Szene wo alle Piloten oberkörperfrei einem Sport nachgehen. Joseph Kosinski versucht also gar nicht Top Gun neu zu erfinden sondern bietet dem Zuschauer viel mehr eine modernere Version mit noch schöneren Bildern, noch realistischeren Flugzeugaufnahmen und vor allem viel Fan-Service. Damit wird Top Gun: Maverick zu einem Film der bei den älteren Zuschauern, die den ersten Teil im Kino sehen konnten, ein Gefühl von Nostalgie hervorruft und für die jüngeren Zuschauer zu einem Top Gun unserer Zeit, der diese Zuschauerschaft für sich gewinnen kann.
Top Gun: Maverick ist ein Actionfilm, der seinesgleichen sucht und mit seinen schauspielerischen Talenten überzeugen kann. Die simple Geschichte wirkt aufgrund der unfassbar realistischen Aufnahmen deutlich imposanter und so schafft Kosinski mit seinem Werk, aus einer eigentlich einfachen Handlung, ein seriöses, unterhaltendes Actiondrama.
Doch hat dieses gut durchdachte Actiondrama auch dunkle Hintergründe. Das Top Gun: Maverick so realistische Flugzeugaufnahmen besitzt, liegt unter anderem daran, das Filme wie Top Gun als Werkzeuge moderner Rekrutierungsversuche der Streitkräfte der Vereinigten Staaten dienen. So funktionierte das bereits in den Achtzigern nach dem ersten Top Gun. Dieser führte dazu, dass im Jahr nach dem Erscheinen des Films 500% mehr Menschen für das US-Militär angeworben werden konnten. Und das, nachdem zuvor die amerikanische Bevölkerung aufgrund des Vietnamkriegs vermehrt Militär und Krieg den Rücken kehrten. Top Gun: Maverick erschien für das US-Militär ebenfalls im richtigen Zeitpunkt. So hat nach der Covid-Pandemie auch das US-Militär mit Personalverlust zu kämpfen. Entsprechend ist es nicht überraschend, das dass Pentagon höchstpersönlich Einsicht in das Drehbuch hatte, Drehgenehmigungen für sämtliche militärische Einrichtungen, Fahrzeuge und Personal aussprachen und folglich in den Credits am Ende gedankt wurde. Und auch, das dass Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten das Drehbuch auf die „richtige Darstellung des Militärs“ prüfte.
Schaut man Top Gun: Maverick mit diesem Wissen im Hintergrund erneut, so fällt besonders die kaum versteckte Propaganda auf.
Die vor nichts zurückschreckenden, heldenhaften US-Piloten. Faszinierende Militärtechnik. Das „reingewaschene“ US-Militär, dass tapfere Männer und Frauen hervorbringt, Kameradschaft und Heldentum fördert und das absolut Gute ist. Politik bleibt in Top Gun: Maverick komplett beiseite und entgegen dem Vorgänger, ist auch der Feind nicht klar erkennbar. Es ist wie bereits erwähnt nicht direkt Russland. Ebenso ist es auffällig, dass zur Veröffentlichung des Trailers die Flaggen Taiwans und Japans von Mavericks ikonischer Bomber-Jacke entfernt, jedoch zur Veröffentlichung des fertigen Films wieder hinzugefügt wurden, was eine klare Anti-China Haltung repräsentiert. So reagierten viele Amerikaner negativ auf das Entfernen entsprechender Flaggen, da China militärisch, strategisch und nebst Russland, zum absoluten Konkurrenten der USA gehört. Auch Cruise selber geriet in Kritik aufgrund des Nachfolgers, da er nach dem ersten Teil erwähnte, dass es nicht zu verantworten sei, bei solch realistischen Aufnahmen, einen zweiten Teil zu produzieren.
Natürlich ändern die Hintergründe des Films nicht dessen Machart, doch führt das Wissen um diese dazu, dass man Filme wie Top Gun, Top Gun: Maverick oder ähnliche militärpropagierende Filme aus einer anderen Sicht sieht, was wiederum bei dem einen oder anderen ein beunruhigendes Gefühl hervorrufen kann.
Zusammenfassend kann Top Gun: Maverick ohne dessen Hintergründe als faszinierender Actiondrama-Film bezeichnet werden, der in seinem Genre neue Maßstäbe setzt und als purer Block-Buster Film für die Zuschauer vollkommene, nie langweilig werdende Unterhaltung bietet. Nichtsdestotrotz muss Top Gun: Maverick auch mit Vorsicht genossen werden, da im Hintergrund immer die amerikanische Militärpropaganda steht, was man als Zuschauer beachten sollte, um den Film auch tatsächlich als beschönigte Fiktion und nicht realistische, detailgetreue Darstellung des Militärs zu sehen.
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