Jahr / Land / Filmdauer: 2000, USA, 2h 27min
Autorin: Elisabeth Kehl
- Einführung
Das Krimidrama „Traffic“ erschien 2000 und wurde von Steven Soderbergh regiegeführt. Geschrieben wurde das Drehbuch von Steven Gaghan und Simon Moore. Nach dem großen Erfolg des Filmes, kam auch eine Kurzserie mit demselben Namen raus. Der Film hat des weiteren eine Altersbeschränkung von 16 Jahren.
Auf drei unterschiedlichen Erzählungsebenen folgen wir dem Krieg gegen Drogen. Alle Handlungen flechten sich im Verlauf des Filmes zusammen, obwohl sich die Hauptpersonen der einzelnen Perspektiven selten oder gar nicht treffen. Zum einen folgen wir der Perspektive zweier tijuanischer Polizisten; Javier Rodriguez (Benicio Del Toro) und sein Partner Manolo Sanchez (Jacob Vargas) versuchen den Drogenhandel aufzuhalten und verbinden sich dafür anfangs mit General Salazar um auch mehr Geld zu verdienen. Im Laufe des Films, stellt sich jedoch heraus, dass der General und seine Leute korrupt sind und dem gegnerischen Drogenkartell angehören. Schlussendlich schließt sich Rodriguez der DEA an und wird ihr Informant. Die Perspektive der DEA folgt den Agenten Montel Gordon (Don Cheadle) und Ray Castro (Luis Guzmán), die versuchen mittels des Dealers Eduardo Ruiz (Miguel Ferrer) an einen Mittelsmann, Carlos Ayala (Steven Bauer), des Obregón Kartells vorzugehen. Hier wird besonders die Macht des Geldes und des Reichtums dargestellt, denn selbst nachdem die DEA sich mit Rodriguez verbündet, wird der Mittelsmann auf Grund seines Einflusses und Geldes freigesprochen nachdem Ruiz umgebracht wird. Die dritte und letzte Perspektive folgt dem Stabschef der DEA, Robert Wakefield (Michael Douglas), der stark gegen den Drogenkrieg vorgehen will, jedoch herausfindet, dass seine eigene Tochter eine Drogenabhängige ist. Im Laufe des Films, als sich die Drogenabhängigkeit seiner Tochter verschlechtert, wird Wakefield klar, dass die Gründe des Drogenkonsums betrachtet werden müssen, damit die Drogen bekämpft werden können und wendet sich der Rehabilitierung von Drogenabhängigen zu, angefangen bei seiner Tochter. Hier wird auch wieder das Thema Reichtum beleuchtet, aber auch die Schule als Ort des Drogenhandels.
- Filmische Darstellung
Gleich von Anfang an auffallend ist die unterschiedliche Färbung des Bildes, je nachdem in welchem Land sich die Szene abspielt. Szenen in Mexiko haben einen starken Gelbstich und die Aufnahmen selbst scheinen älter auszusehen als die, die in Amerika spielen. Dies scheint wieder der stereotypischen Darstellungsform zu entsprechen, bei der der Südosten und Südamerika häufig gelblich dargestellt werden. Besonders hier, wird Mexiko sehr arm dargestellt, das niedrige Gehalt der beiden Polizisten wirkt als Motivation Salazar beizustehen, als dieser ihnen mehr Geld bietet. Tatsächlich sind die einzigen reich dargestellten Mexikaner beides Drogenbosse, die sich nicht davor scheuen Menschen foltern und töten zu lassen. Im Gegensatz dazu, sind Szenen, besonders solche mit Wakefield im Vordergrund, bläulich dargestellt. Hier sieht man die Kehrseite des Drogenkrieges und zwar der Konsum der Reichen und was für einen Effekt dieser auf die Abhängigen hat. Erst als Wakefield sich in das Armenviertel von Cincinnati begibt um nach seiner Tochter zu suchen, wird der Blaustich etwas neutraler. Auffallend ist auch, dass wenn sich Wakefield nach Mexiko begibt um einen Deal mit Salazar zu machen (der Wakefields Wissens nach gegen die Kartelle vorgeht und nicht ein Teil davon ist) sich der Gelbstich auf in überträgt. Dasselbe passiert auch mit Rodriguez als dieser nach Amerika reist um sich mit der DEA zu treffen; dieser wird bläulich eingefärbt.
Ein weiteres Merkmal dieses Filmes ist wohl die Art und Weise wie er gefilmt wurde. Besonders während Verfolgungsjagden und Schießereien ist das Bild wackelig. Es wird schnell hin und her geschwenkt, als ob der Kameramann an dem Geschehen teilnimmt. Des Weiteren nutzt der Film auch teils Montagen um etwas zusammenzufassen, so zum Beispiel in einer Szene in der Rodriguez und sein Partner weitere Drogenhändler festnehmen. Dieser Montage wurden auch Untertitel unterlegt um zusammenzufassen was in dieser Phase passiert ist. Die unstabile Kamerabewegung gekoppelt mit der Nutzung solcher Montagen, lässt den Film eher wie eine Dokumentation wirken. Tatsächlich beinhaltet der Film überraschenderweise wenig Action. Natürlich sieht man ein oder zwei Festnamen und Verfolgungen, sogar eine Folterszene, jedoch scheint der Fokus besonders auf der moralischen Entwicklung der Protagonisten zu liegen.
Dies zeichnet sich besonders in Rodriguez, Wakefields und auch Ayalas Frau aus. Rodriguez beginnt den Film als ein Polizist, der nicht genug bezahlt wird und deshalb die Autos von Touristen illegal abführen lässt um sich neben seinem Job als Beamten noch ein bisschen Geld dazuzuverdienen. Im Laufe seiner Geschichte, gerät er immer tiefer in die Welt der Korruption und hat sowohl mit seinem Gewissen zu kämpfen als auch dem Wissen, dass er niemals alleine gegen Salazar und seine Machenschaften vorgehen kann. Zum Schluss, wendet er sich der DEA zu und das einzige was er sich als Gegenleistung für seinen Status als Informant fordert ist das Anbringen von Lampen im Stadium seiner Heimatsstadt, damit die Kinder sicher sind. Kein Geld, keine Macht. Letztlich geht es im lediglich darum seine Heimat etwas sicherer zu machen. Ähnliches sieht man in Wakefields Fall. Dieser beginnt im Film als eine harte und hartnäckige Kraft gegen den Drogenhandel, die dem Drogenkonsum und den Abhängigen wenig Beachtung und wenig Sympathie zeigt. Er ist auch abweisend und distanziert im Privaten, weshalb er anfangs die Drogenabhängigkeit seiner Tochter nicht bemerkt. Als er es dennoch tut, reagiert er streng und wütend. Erst im Laufe des Filmes, nachdem er einen Einblick in das Drogenviertel in Cincinnati werfen kann, verändert sich zunehmend seine Ansicht gegenüber dem Drogenhandel und Konsum. Schlussendlich, versucht er mehr über Drogenabhängigkeit zu lernen, in dem er den Sitzungen Drogenabhängiger, darunter auch seiner Tochter, beiwohnt und zuhört. Im Laufe des Filmes, scheint Wakefield mehr Sympathie für die Opfer des Drogenkrieges zu gewinnen und scheint seinen Fokus auf Rehabilitierung zu richten. Im Gegensatz zu diesen zwei positiven moralischen Entwicklungen, verändert sich Ayalas Frau von einer unschuldigen, nichtsahnenden Hausfrau, die erst nach der Festnahme ihres Mannes auf seinen Drogenhandel aufmerksam wird, zu einer kalkulierenden Mittäterin, die einen Auftragskiller beantragt Ruiz zu töten, wodurch ihr Mann schlussendlich freikommt und die DEA Agenten von Vorne anfangen müssen.
Des Weiteren, sind die Übergänge von Bild zu Bild sind nicht immer scharf. Der Film nutzt zum Beispiel in einer Szene, in der Wakefields Tochter mit ihren Freunden Drogen nimmt, weiche Übergänge bzw. blendet die nächsten Bilder ein. Diesen Effekt sieht man häufig im Film, besonders aber in Szenen, die mit dem Drogenkonsum zu tun haben.
Dem ist auch anzuschließen, dass der Film eher dezente Soundtracks nutzt um die Geschehnisse zu untermalen. Soweit erkennbar, gibt es kein Leitmotiv, sondern eher leicht hinterlegte Melodien, die die Szenen dramatischer und auch bedrohlicher wirken lassen. Diegetische Filmmusik kommt sehr selten vor. Tatsächlich wird es nur einmal genutzt, nachdem die DEA das Haus Ayalas verwanzt hat und die rechte Hand Carl Ayalas mit dessen Frau reden wollte ohne dass die Agenten es hören können.
- Inszenierung des Drogenkrieges
Wie schon oben in der Einführung genannt, gelingt es durch drei verschiedene Perspektiven und einer dauergängigen Parallelmontage den Drogenkrieg von unterschiedlichen Ebenen zu betrachten:
- Korruptes mexikanisches Militär ist Teil einer der Drogenbanden und nutzt ihre Macht um das rivalisierende Kartell auszuschalten. Durch die Etablierung von Polizisten wie Rodriguez und Sanchez, gelingt es dem Film jedoch nicht ganz Mexiko als den Feind darzustellen, sondern die Armut, die die Menschen häufig zur Korruption drängt. Polizisten, die eigentlich nicht auf Macht oder auf Reichtum aus sind und lediglich genug haben wollen um gut leben zu können, werden durch das Versprechen auf einen erhöhten Lohn zur Korruption getrieben werden, deren Gewissen sie jedoch nicht damit durchgehen lassen und sie sich schließlich gegen Salazar wenden. Besonders wenn Rodriguez die DEA Agenten bittet, die amerikanische Regierung solle Lichter im Stadium anbringen, damit die Kinder abends sicher draußen spielen können, im Austausch für seine Zeugenaussage und Dienste als Informant, unterscheiden sich die beiden Polizisten stark vom Militär. Diese Perspektive zeigt deutlich die Gefahren, die sich Polizisten wie Rodriguez und Sanchez aussetzen wenn sie in das Fadenkreuz von Drogenkartellen gelangen und wie gefährlich es ist seinen guten Intentionen zu folgen. Dass die DEA ihr Versprechen am Ende des Filmes einhält, scheint jedoch daraufhin zu deuten, dass die Zusammenarbeit gegen die Drogenkartells und damit auch gegen die systematische Korruption, sinnvoll und richtig ist, trotz der Verluste und der Rückschläge.
- Drogenkrieg kann nicht nur durch das Zerbrechen des Drogenhandels gewonnen werden, sondern es muss auch der Drogenkonsum angefochten werden. Die Perspektive Wakefields betont deutlich den Drogenkonsum und Handel an Schulen aber auch Armenviertel, zeigt also, es sind nicht nur Menschen aus der unteren Schicht die, die Drogen verbreiten sondern auch die reiche Schicht Amerikas. Durch die Figur seiner Tochter wird dargestellt wie weit Drogensüchtige gehen, um an die Drogen zu gelangen. Sie zeigt die Art und Weise wie das Leben dieser Menschen zerstört wird und leistet eine Art Appell durch Wakefield, dass Drogenabhängigen zugehört werden muss und sie verstanden werden müssen, bevor man erst gegen Drogen angehen kann. Dies zeigt sich deutlich durch seine Unterstützung für seine Tochter bei ihrer Rehabilitation, aber auch in seiner Bereitschaft Treffen Abhängiger beizuwohnen und zuzuhören.
- Wie schnell ein fast gelöster Fall zerbricht, nur weil der Angeklagte Geld und Macht besitzt. Neben der Darstellung von Korruption im Militär und der großen Menge an Drogenkonsum in den Staaten, wird hier also auch die Macht der Reichen dargestellt und wie diese sie davon beschützt, angemessen bestraft zu werden. Im Zuge der Ermittlung gegen Carl Ayala stirbt DEA Agent Ray Castro und kurz darauf wird deren einziger Zeuge (Eduardo) durch einen Auftragskiller ermordet, was dazu führt, dass Ayala wieder frei kommt. Das Ende des Filmes zeigt Castros Partner Gordon auf der Party der Ayalas, auf der er Ayala verspricht ihn wieder ins Gefängnis zu bringen und sich für seinen Partner zu rächen. Diese Perspektive zeigt also nicht nur die Macht der Reichen und die Reichweite der Beziehungen der reichen Drogenhändler, sondern auch die Langfristigkeit des Kriegs gegen Drogen. Einen Zeugen zu haben, bedeutet nicht, dass der Fall gewonnen ist. Sie können jederzeit vom Kartell ermordet werden und müssen beschützt werden, denn ein toter Zeuge kann dazu führen, dass es nicht genug Beweise gibt und so Drogenhändler freikommen. Dies setzt die Ermittler in ihrer Bekämpfung gegen den Drogenkrieg zurück und sie müssen neue Beweise finden. Das Geld der Drogenhändler macht es erst möglich Auftragskiller zu engagieren, aber auch Menschen wie Salazar für sie arbeiten zu lassen.
Die Art und Weise wie der Drogenkrieg bekämpft wird, scheint im Film eher wie ein „Hit or Miss“. Zum einen gibt er eine Art Appell durch die Charaktere wie Wakefield, dass das Problem des Drogenhandels auch zuhause bekämpft werden müsse und es besonders bei Drogenabhängigen um Rehabilitation und Empathie gehen müsse. Auf der anderen Seite zeigt die Perspektive der DEA Agenten, dass deren Vorgehensweise nicht immer funktioniert und menschliche Verluste vorprogrammiert sind.
- Fazit
Schlussendlich lässt sich sagen, dass der Film eher weniger mit Action zu tun hat und den Drogenkrieg von allen Seiten, besonders durch Zentralfiguren, beleuchten möchte. Dabei ist es ihm gelungen alle Erzählungsstränge und Perspektiven miteinander zu verflechten, ohne dass sich dabei alle Charaktere treffen mussten. Besonders interessant fand ich, dass der Fokus nicht nur auf die Festnahme von Drogenhändler liegt, sondern sich nicht davor scheut die Opfer des Drogenhandels zu zeigen; die jungen Menschen an Schulen, die schon früh in den Drogenkrieg etabliert werden, die armen Menschen, die alles tun würden um an mehr Drogen zu kommen. Obwohl der Film wenig Action zeigt, ist die Darstellung des Drogenkriegs und dessen Facetten brutal, allerdings auch teils dramatisch in Hollywood typischer Art. Durch den etwas dokumentarisch erscheinenden Verfilmungsstill aber auch die Hauptthemen in den drei Perspektiven, lässt den Film wie eine große, aber auch dramatische, Dokumentation wirken. Die vier Oscars, darunter auch „Beste Regie“, „Bestes adaptiertes Drehbuch“ und „Bester Schnitt“ sind hierbei nachvollziehbar. Es gibt keine ruhige Minute in der nichts Wichtiges passiert. Jede Handlung und Dialog ist zum Einen wichtig für das Verstehen der Charaktere und zum Anderen für das Verstehen des großen Ganzen.
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