Dez 18 2022

Der Tastsinn im digitalen Lernen

Published by at 12:01 under Allgemein

Im Seminar „Einführung in die Ethnologie“ habe ich in einer Gruppenarbeit mit Kommiliton*innen eine Posterpräsentation über den Tastsinn gehalten. Während der Recherche für diese, habe ich mich mit der Rolle des Tasten im digitalen Lehren und Lernen beschäftigt. Gerade durch die Coronapandemie wurde die Frage, welche Bedeutung Haptik und sinnliche Eindrücke für den Lernprozess haben, besonders wichtig. Hier möchte ich die Ergebnisse meiner Nachforschungen zu diesem Unterpunkt unseres Themas vertiefend zusammenfassen. Ich stütze mich in erster Linie auf den Artikel „Homo Hapticus ade?“, der von Elizabeth Feigl verfasst und im Jahr 2022 in der Fachzeitschrift „Magazin erwachsenenbildung.at“ veröffentlicht wurde.

Die Haut ist unser größtes sensorisches System, wodurch die haptische und die taktile Wahrnehmung zu unseren entscheidenden Informationsgebern wird, denn sie vermitteln zwischen Innen- und Außenwelt: Der Tastsinn ist ständig aktiv und überträgt durchgehend Reize an unser Gehirn, wir erhalten so Informationen über unsere Umwelt und über uns selbst. Unsere Körperlichkeit bildet also die Grundlage für viele mentale Vorgänge, da sie Wahrnehmung, Erfahrung und kognitive Verarbeitung verbindet.

Folglich ist der Tastsinn im Bezug auf Lernprozesse von essenzieller Bedeutung. Deutlich wird dies zum Beispiel an der Gedächtnisleistung, die eng verbunden mit der Haptik ist. Wir können uns besser an einen Text erinnern, wenn wir ihn auf einem anfassbaren Blatt Papier lesen, als in einer digitalen Variante. Der Tastsinn ist weiterführend auch eng verbunden mit unserer sozialen Beziehungsfähigkeit, welche ebenfalls als wichtiges Potential für das Lernen gilt, weil das Gehirn und dessen kognitiven Leistungen immer als Produkte der gemachten Beziehungserfahrungen und gebildeten Beziehungsfähigkeiten gesehen werden müssen.

Sowohl das Wegfallen haptischer Sinneseindrücke, als auch das Fehlen des direkten Kontakts zwischen Lehrenden und Lernenden, führten während des digitalen Lernens zur Zeit der Coronapandemie zu einigen Schwierigkeiten. Die Kombination aus körperlichen Aspekten, Sinneseindrücken und dem sozialen Miteinander war nicht mehr umsetzbar, was besonders beim spielerisch-handlungsorientierten Lernen jüngerer Kinder oder in praktischen Studiengängen und Ausbildungen negative Auswirkungen hatte. Das bloße Bereitstellen digitaler Inhalte und die theoretische Beschäftigung ist eben in keiner Weise vergleichbar mit erfahrungspraktischem Lernen. Aber auch in allen anderen Bereichen des Lernens bestand die Gefahr, dass der Kontakt im digitalen Raum nicht so gelingt, wie im realen Leben. Die soziale Interaktion ist im alltäglichen Lernalltag wichtig, da durch diese auch soziale und emotionale Komponente mit einbezogen werden.

Aus den aufgetretenen Problemen kann geschlussfolgert werden, dass für digitales Lernen ein differenzierter Ansatz nötig ist. Digitale Inhalte sollten immer integrativ in einem größeren Lernkonzept genutzt werden, was bedeutet das soziale und interaktive Aspekte und haptische Wahrnehmung und Erfahrung nicht außer acht gelassen werden. Eine Mischung aus analogen, haptischen Lehr-/Lernformen und digitalen sollte angestrebt werden. Die Wichtigkeit haptischer Elemente und sozialer Aspekte in Lernprozessen musss sich noch deutlich bewusster gemacht werden.

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