Nov 20 2022
Wohin mit alter Kleidung?
Was mache ich mit alter, genutzter Kleidung? Das hat sich vermutlich jede*r schonmal gefragt. Wegschmeißen geht nicht, das ist klar, denn das wäre offensichtliche Ressourcenverschwendung und nicht gerade nachhaltig. Normalerweise ist der Weg, den ich wähle, gebrauchte Kleidungsstücke entweder weiterzuverkaufen (über entsprechende Apps oder auf einem Flohmarkt) oder sie zu spenden. Aber das letztere Option nicht nur Gutes mit sich bringt, hat mir die letzte Seminarsitzung vor Augen geführt.
In dieser haben wir nämlich über die Vor- und Nachteile des Secondhandkleidungshandel mit gespendeter Ware westlicher Industrieländer im globalen Süden gesprochen. Grundlage für die Diskussion war der Zeitungsartikel „Helping or hindering“, der von Karen Tranberg Hansen verfasst und im Jahr 2004 in der Fachzeitschrift „Anthroplogy Today“ veröffentlicht wurde. Die Autorin hat den Secondhandkleidungshandel in Sambia zwischen 1992 und 1998 beobachtet. Zusätzlich zu Tranberg Hansens Überlegungen haben wir weitere, eigene Argumente gesucht.
Auf der einen Seite gibt es einiges, was gegen eine Unterstützung des Secondhandhandels spricht: Der lokale Markt in wirtschaftlich schwächeren Ländern wird von einer regelrechten Masse von Secondhandkleidung überschwemmt, die häufig qualitativ minderwertig ist und keine hinzureichenden hygienischen Standards erfüllt. Der Handel mit dieser kann negative Auswirkungen auf die ohnehin schon schwache lokale Textil- und Kleidungsindustrie und in der Folge auch auf die nationale Wirtschaft haben, da secondhandkleidung meist deutlich günstiger weiterverkauft werden kann und lokale Unternehmen nicht mithalten können. Außerdem besteht die Möglichkeit des Schmuggels illegaler Ware im Zuge der Einfuhr von Secondhandkleidung. Zusätzlich kann die Spende „typisch westlicher“ Kleidung als ein weiteres Aufdrängen der westlichen Kultur gesehen werden, welche die lokale Kultur einschränkt. Auf der anderen Seite kann der Secondhandhandel auch als Chance gesehen werden. Er schafft einen neuen Platz für Händler*innen und Konsument*innen: Durch den Handel entstehen neue Arbeitsplätze und Verdienstmöglichkeiten, was gegen die großflächige Armut helfen und eine generelle Ankurblung der Wirtschaft bedeuten kann. Transberg Hansen berichtet in ihrem Artikel davon, dass Secondhandhandel gerade für Frauen eine neue Möglichkeit sein kann, selbstständig und finanziell unabhängig zu werden. Lokale Konsument*innen begrüßen die Möglichkeit preisgünstig individuelle Kleidungsstücke erwerben zu können.
Aber was bedeutet das nun für den Einzelnen? Spende ich meine Kleidung oder nicht? Vermutlich gibt es keinen ideale Lösungsweg. Die gesamte Situation ist zu komplex und nuancenreich um eine pauschale Antwort formulieren zu können. Dahinter stehen historisch bedingte Strukturen und die grundlegenden Probleme des Kapitalismus und der daraus resultierenden ungleichen Verteilung von wirtschaftlicher Macht und Konsumgütern. Eine differenziertere Betrachtung, die über ein bloßes schwarz-weiß Denken hinaus geht, ist zwingend notwendig.
Trotzdem habe ich die gesamte Diskussion und die Beschäftigung damit als bereichernd wahrgenommen. Es wurde auf ein Problem hingewiesen, das einem im Alltag nicht wirklich bewusst ist. Außerdem wurde man angeregt, grundsätzlich über unser Konsumverhalten nachzudenken. Wieso gibt es überhaupt so viel überflüssige Kleidung, die eigentlich noch tragbar ist? Warum kaufen wir so viel und wollen es dann wenig später nicht mehr haben? Wieso ist der Zugang zu Konsumgütern von Beginn an so ungleich? Das ganze kann als Anstoß genommen werden, den eigenen Konsum zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen. Auch interessant war die Beschäftigung mit der Perspektive lokaler Akteur*Innen. Diese speziell kulturwissenschaftliche Angehensweise macht das Fach relevant und interessant, da diese Betrachtung des „Kleinen“ im Kontext des „Großen“ einen neuen, weiteren Blickwinkel ermöglicht, der in der Presse oder anderen Disziplinen häufig vernachlässigt wird.
Ich saß auch im Seminar und fand es irgendwie schwierig da eine klare Lösung zu sehen, weil es glaub ich auch keine gibt. Bei kaputter Kleidung ist es ja irgendwie naheliegend sie weg zu schmeißen, wenn man sie nicht mehr reparieren kann. Aber was macht man mit Kleidung, die man einfach nur nicht mehr trägt. Immerhin kann nicht jede Person in dieser Welt mit jeder Kleidung etwas anfangen. Aber vielleicht findet man dort ja auch eine gute und nachhaltige Lösung in Zukunft.
Ich finde das Thema auch sehr interessant und auch schade das es keine ideale Lösung gibt. Im moment ist glaube sich gut zu informieren das machen was man kann, aber ich hoffe wir können in naher Zukunft eine Lösung finden.. Ich finde einen Lösungsansatz ist die Perspektive von Fast Fashion, welches leider eines der größten Umwelt und Gesellschafts-Probleme unserer Zeit ist. Nicht nur wegen der Menge an Kleidung die sie produzieren, sondern auch von der Qualität her. Selbst wenn ich etwas länger behalten will, so ist oft nach nach einem Jahr schon Schluss mit T-Shirts, etc. von H&M, Shein und co. Ohne Fast Fashion hätten wir das Problem vielleicht gar nicht in diesem Ausmaß..
Ich finde es echt gut das wir solche Themen in Kuwi behandeln 🙂